420
Um 420 Algerien * Aurelius Augustinus, einer der vier lateinischen „Kirchenlehrer“ der Spätantike, hat sich bereits im frühen 5. Jahrhundert mit dem beschäftigt, was wir heute unter den Begriffen „Hexe“ und „Schadenszauber“ verstehen. Es geht ihm aber weniger um die Angst vor einer „schädlichen Magie“, sondern vielmehr darum, den christlichen Glauben von allen Verunreinigungen durch den „heidnischen“ und „abergläubischen“ Irrglauben zu reinigen. Augustinus will die „absolute Überlegenheit“ des katholischen Christentums propagieren und deutet deshalb die heidnischen Götter und Göttinnen zu „teuflischen Dämonen“ um, die „Luzifer“ hierarchisch unterstellt wären. Wer also in diesem Sinne „Magie“ betreibt, macht sich automatisch des „Teufelspaktes“ schuldig. |
1000
Um das Jahr 1000 Europa * Der Begriff Hexe taucht in unseren Breitengraden erst vor gut tausend Jahren auf und dürfte sich vom althochdeutschen „hagazussa“ ableiten. Das lässt sich mit „Geist oder Mensch, der in der Hecke wohnt oder sitzt“ [hag = Hecke, zussa = sitzend] übersetzen. |
1207
1207 San Damiano * Der „Franziskanerorden“ - als erster „Bettelmönchsorden“ - wird gegründet. Franz von Assisi wandelt das benediktinische „Gelübde der Armut“ in ein „Gelübde des Bettelns“ um und schließt damit eine Lücke im System der katholischen Kirche. Die „Franziskaner“ gehen barfuß, verfügen weder über Grundbesitz noch Vermögen, ihre Kleidung besteht aus einem groben grauen Umhang mit einer Kapuze, der mit einem Strick zusammengehalten wird. So gekleidet unterscheiden sie sich kaum von den damals populären „Wanderpredigern“. Besonders die Schichten der städtischen Bewohner, die sich früher wahrscheinlich den „Ketzern“ zugewandt hätten, geraten nun in den Bannkreis der „Minoriten“, die für sie das Ideal einer am „Urchristentum“ orientierten Kirche verkörpern. Obwohl die „Franziskaner“ von einer Woge des im Volk populären Armutsideal emporgetragen worden sind, nimmt sie die Kirche dennoch nur schrittweise auf. |
1210
1210 Rom-Lateran * Franz von Assisi erhält eine mündliche Gründungsgenehmigung, doch in den Folgejahren lehnen einflussreiche Kleriker die neue „Franziskaner“-Gemeinschaft ab und verdächtigen die Ordensmitglieder der „Häresie“. |
1221
1221 München-Angerviertel * Das ist die Zeit, in der die ersten franziskanischen Bettelmönche nach München kommen. Der genaue Zeitpunkt lässt sich jedoch mit Sicherheit nicht mehr feststellen. Nach der „Ordenstradition“ soll ein Bruder Castinus die erste Ordensniederlassung der „Barfüßer“ hier gegründet haben. Von der Bürgerschaft sei ihm damals die „Jakobuskapelle“ mit einem Häuschen „am Anger vor der Stadt“ übergeben worden. Beweisbar ist das nicht. |
1223
1223 Rom-Lateran * Nachdem der „Franziskanerorden“ bereits in vielen Teilen Europas - möglicherweise auch schon in München - Anhänger gefunden hat, bestätigt Papst Innozenz III. die Ordensregel schriftlich. Nicht aber ohne zuvor noch Änderungen vorzunehmen. So werden beispielsweise die „Wanderpredigten“ verboten und es muss eine Organisation, verbunden mit dem Entstehen einer Ordenshierarchie, aufgebaut werden. |
1226
Nach dem 4. Oktober 1226 Rom-Lateran * Unmittelbar nach dem Tod des Ordensgründers Franz von Assisi kommt es zu langanhaltenden Flügelkämpfen zwischen den gemäßigten Konventualen, die die Armutsregeln abschwächen wollen und den Spiritualen, die sich als die „wahren Nachfolger“ Franziskus’ sehen und auf die strikte Einhaltung des Armutsgelübdes beharren. |
1230
Um 1230 Rom-Lateran * Die regierenden Päpste wirken mildernd auf die „Franziskaner-Ordensregeln“ ein und setzen die Praxis durch, dass Freunde des Ordens der „Minderbrüder“ Geld sammeln und verwalten dürfen. Die „Spiritualen“ wenden sich zwar scharf dagegen, werden aber dafür verfolgt, eingekerkert und sogar erschlagen. Ihr Protest kann jedenfalls die „Konventualen“ nicht bremsen. |
1232
2. Dezember 1232 Rom-Lateran * Papst Gregor IX. überträgt den Dominikanern die Aufgabe, die Orthodoxie des christlichen Glaubens zu schützen und deren Feinde aufzuspüren. Gemeint ist damit das Beharren auf bestimmten traditionellen Lehrmeinungen, Ideologien oder Handlungsweisen. Das steht im Gegensatz zu den Erneuerungsbewegungen, der Heterodoxie. Dadurch engagieren sich die Dominikaner verstärkt in der Verfolgung der neuen Hexen-Ketzer-Sekte. |
1240
Um 1240 München-Angerviertel * Historisch gesichert ist, dass die „Franziskaner“ vor dem Jahr 1257, wahrscheinlich um 1240, nach München kommen und am „Anger“, damals noch außerhalb der Ansiedelung Heinrichs des Löwen, ihr Klösterl errichten können. In der von den „Franziskanern“ in den 1250er Jahren errichteten und genutzten Kirche können die Münchner Gläubigen an den Festen des heiligen Franziskus, des heiligen Antonius, der heiligen Klara und am Jahrestag der Kirchweihe einen „Ablass“ erlangen. |
1250
Um das Jahr 1250 Italien * Thomas von Aquin greift die Ideen des „Kirchenlehrers“ Aurelius Augustinus aus dem frühen 5. Jahrhundert wieder auf und entwickelt die weitreichende Theorie des „explizit“ [= ausdrücklich] und „implizit“ [= stillschweigend] geschlossenen „Teufelspaktes“, nach dessen Abschluss die Dämonen dem „Magier, Zauberer oder Wahrsager“ hilfreich zur Seite stehen. Neben seiner Lehre vom „Teufelspakt“ spekuliert Augustinus darüber, ob der Geschlechtsverkehr zwischen Frau und Dämon möglich sei und ob daraus Nachwuchs hervorgehen könne. Auch Thomas von Aquin vertritt die Auffassung, dass es zwischen Menschen und Dämonen zu Sexualkontakten kommen kann. Deshalb muss der Dämon zuerst in Gestalt einer „succuba“ [= weiblicher, unten liegender Dämon] einem Mann den Samen entziehen, um ihn dann in Gestalt eines „incubus“ [= männlicher, oben liegender Dämon] einer Frau einzupflanzen. Diese Theorie wurde ebensolange diskutiert wie die Frage, ob solche im Prinzip vom Menschen abstammenden Kinder eine zu taufende „Seele“ hätten oder nur „teuflische Wechselbälger“ seien. Ja, mit so einem Unsinn können sich intelligente Menschen scheinbar intensiv beschäftigen. |
1279
1279 Rom-Lateran - München * Papst Nikolaus III. entscheidet, dass der Orden der „Franziskaner“ Nutznießer von Vermögen und Grundstücken sein dürfen. Nun gehen auch die Münchner „Barfüßer“ allmählich zu einer abgemilderten Praxis des Besitzes über und nehmen bewegliches und unbewegliches Eigentum für ihr Kloster an. Nach der Auffassung des höchsten Kirchenvertreters verletzen die „Franziskaner“ ihr Armutsgelübde dadurch nicht, da ja letztlich er, der Papst, der eigentliche Eigentümer sei. |
1282
1282 München-Graggenau * An dem von Herzog Ludwig „dem Strengen“ finanzierten Klosterneubau der „Franziskaner“ wird gearbeitet. Er entsteht auf dem weitläufigen Wiesengrund bei einer bereits bestehenden „Agneskapelle“, die den Kern der neuen Klosteranlage bildet und in der die Familie Haslang von jeher ein Begräbnisrecht hat. Der Klostergrund umfasst das Gebiet des heutigen „Residenz-“ und „Nationaltheaters“, einschließlich dem vorgelagerten „Max-Joseph-Platz“. |
1284
1284 München-Graggenau - München-Angerviertel * Die beginnende Erweiterung Münchens auf den sechsfachen Umfang des befestigten Marktes Heinrichs des Löwen führt zur Verlegung des „Franziskanerklosters“ nördlich der herzoglichen Burg. Besondere Unterstützung findet der Neubau des „Franziskaner-Klosters“ durch die Familie der Sendlinger, die eigentlich an der Errichtung eines „Klarissenklosters“ interessiert ist. Damit können die „Klarissen“ aus dem Kloster Söflingen, also Nonnen des „Zweiten Ordens“ der „Franziskaner“, das verlassene Kloster „St. Jakob am Anger“ übernehmen. |
1284 München-Graggenau * Die „Franziskaner“ übernehmen die geistliche Betreuung der vierzig „Pütrich-Schwestern“. |
1289
1289 München-Graggenau * Die Neubauten für das „Franziskaner-Kloster“ sind vollendet. |
1294
1294 München-Graggenau * Die neue Franziskaner-Klosterkirche „St. Franziskus“ wird eingeweiht. |
1295
1295 München-Graggenau * Die „Franziskaner“ übernehmen die geistliche Betreuung der 39 „Ridler-Schwestern“. Die „Regelhäuser“ und späteren „Klöster des Dritten Ordens“ sind dem „Franziskaner-Kloster“ unmittelbar benachbart, sodass hier ein „franziskanisches Stadtquartier“ entsteht. |
1310
1310 München-Lehel * Die „Floßlände“ - nördlich der heutigen „Ludwigsbrücke“ - wird erstmals genannt. |
1311
1311 München-Angerviertel * Der Klosterbau der „Franziskaner-Ordensmänner“ wird ein Raub der Flammen. |
1323
12. November 1323 Vienne * Papst Johannes XXII. bezieht auf dem Konzil von Vienne abschließend Stellung zur sogenannten Armutsfrage. Die Lehre, wonach Christus und die Apostel kein Eigentum besessen haben, sei eine Entstellung der Evangelien, womit diese Lehre grundsätzlich für irrtümlich und ketzerisch erklärt wird. |
1326
Ab 1326 München-Graggenau * Im Umkreis des „Franziskanerklosters“ und des „Alten Hofs“ lebt Dr. Marsilius von Padua. Der Arzt, Jurist und Theologe ist der Autor des „Defensor pacis“. |
1326 Avignon * Im abschließenden Gutachten werden von 51 Lehrsätzen Occhams 29 als „häretisch oder irrig“, die übrigen 22 als „möglicherweise falsch“ bezeichnet. Unter anderem wurde Ockham des „Pelagianismus“ für schuldig befunden. Damit steht seiner Verurteilung durch Papst Johannes XXII. nichts mehr im Wege, doch Ockham bleibt bis 1328 als Angeklagter in Avignon und es kommt aus unbekannten Gründen zu keinem Urteil. |
1327
14. Februar 1327 München * Verheerend wirkt sich der große „Stadtbrand“ aus. Er erfordert einen Neubau von „Franziskaner-Kloster“ und „Klosterkirche“, der erst nach großzügigen Spenden der „Kaufmannsfamilie“ Ridler im Jahr 1392 abgeschlossen werden kann. |
1328
Ab 1328 München-Graggenau * Michael von Cesena, der anno 1316 zum „Generaloberen der Franziskaner“ gewählt worden war und der wegen der „Armutsfrage“ in Konfrontation mit Papst Johannes XXII. steht, lebt im „Franziskaner-Kloster“. |
1329
1329 München-Graggenau * Da bei den Beerdigungen sogenannte „Stol-Gebühren“ fällig werden, kommt es zum Streit zwischen den „Franziskanern“ und der Pfarrgeistlichkeit von „St.-Peter“ und „Unserer Lieben Frau“. Man einigt sich auf einen Modus: Die für den „Franziskaner-Friedhof“ bestimmten Leichen müssen zuvor in den zuständigen Pfarrkirchen ausgesegnet werden. |
1330
1330 München-Graggenau * Von besonderer Bedeutung für den Franziskaner-Konvent wird nun eine wertvolle Reliquie, nämlich ein Oberarmknochen des heiligen Antonius von Padua. Er ist als Geschenk Kaiser Ludwigs des Baiern nach München gelangt, jedoch in der Zeit der Großen Pest angeblich eingemauert worden. |
1375
1375 München-Graggenau * Mit großzügiger finanzieller Unterstützung des Münchner Patriziersohns Vinzenz Ridler kann eine umfassende Renovierung der „Franziskaner-Klosterkirche“ abgeschlossen werden. |
1385
1385 München-Graggenau * Die „Franziskaner- Mönche“ beziehen - nach einem jahrzehntelangen Provisorium - wieder einen richtigen „Konventbau“. |
1386
1386 München * Die „alt Schöttin" wird als Hexe aus der Stadt gejagt. |
1394
1394 München-Graggenau * Die Franziskaner-Klosterkirche „St. Franziskus“ wird dem heiligen „St. Antonius von Padua“ geweiht. Durch den Bau der Ringmauer liegt das „Franziskaner-Kloster“ inzwischen geschützt innerhalb der Stadt. |
1394 München-Graggenau * Im Münchner „Franziskaner-Kloster“ wird der „Arm des heiligen Antonius“ wiederentdeckt. Nach ihrer Wiederauffindung des in der Zeit der „Großen Pest“ eingemauerten Oberarmknochens bildet die „Reliquie des hl. Antonius“ das Ziel zahlreicher Wallfahrer. Die „Franziskaner“ wollen mit dem „Antonius-Arm“ an den Triumph der „Andechser Reliquien“ anknüpfen. Doch der „Antonius-Reliquie“ gelingt es nicht, München zum „Wallfahrtsort“ zu machen. |
1398
1398 Paris * Ein Gutachten der Pariser „Theologischen Fakultät“ wertet alle Zauberei als „Götzen- und Teufelsanbetung“. |
1402
1402 Paris * „Magie“, so ein Traktat, kann immer nur mit Hilfe des Teufels ausgeübt werden und ist deshalb als „Apostasie“ [= Abfall vom Glauben] und „Ketzerei“ [= das Abweichen von einer allgemein als gültig erklärten Meinung] zu bewerten. |
1405
Ab 1405 München-Graggenau * Zu einem weiteren spirituellen Anziehungspunkt des Franziskaner-Klosters wird das Grab des am 29. April 1327 im Ruf der Heiligkeit verstorbenen Fraters Marquard Weismaler. Seine irdischen Überreste werden in einem Schrein auf den Altar erhoben und verehrt. |
1407
1407 Andechs * Die „Andechser Reliquien“ werden wieder nach Andechs gebracht. Damit ist der Versuch, die „Andechser Reliquien“ fest in München zu etablieren, fehlgeschlagen. |
1420
Um das Jahr 1420 Paris * Der nächste Schritt zur Kriminalisierung der „Magie“ kristallisiert sich zwischen 1400 und 1430 heraus und ist eine Folge der politisch motivierten „Magie- und Schadenszauberprozesse“ am französischen Königshof. Eine neue Tätergruppe wird gefunden in den „gotteslästerlichen, die göttliche wie obrigkeitliche Ordnung verleugnende Ketzersekte der schadenstiftenden Hexen“, die sich zu ihren nächtlichen „Verschwörungsorgien“ an „heimlichen Orten“ auf „allerlei Fluggeräten“ auf den Weg machen. Daraus leitet sich ab: der „Pakt“, die „Buhlschaft“, der „Flug“, der „Sabbat“ und der „Schadenszauber“. Das ist der Beginn einer breiten „Hexenverfolgung“ in den Tälern der Westalpen. |
1425
Um 1425 Norditalien - Mittelitalien * Bernardino von Siena, ein „franziskanischer Bußprediger“, der später „heiliggesprochen“ wird, predigt auf seinen „Missionsreisen“ durch Nord- und Mittelitalien vehement gegen „Juden“, „Häretiker“, „Sodomiten“ und „Ehebrecher“. Auch glaubt er, überall auf „magische Praktiken, Wahrsagerei, Zauberei und das Wirken von Dämonen“ zu treffen. Seine Zuhörer fordert der „heilige Mann“ auf, die „Hexen, Wahrsager und Zauberer“ aufzuspüren und zu vernichten. Das „Verfolgunsgebiet“ ist so erweitert worden. |
1427
1427 München - Wolfratshausen * Die „schöne Ursel“ von Wolfratshausen wird als Hexe aus der Stadt gejagt, weil sie den „Pfaffen der Pötschnermesse“ so bezaubert hat, dass dieser Messgewänder und das Messbuch an die Juden versetzt. |
1430
1430 Savoyen * Herzog Amadeus VIII. von Savoyen, der spätere „Gegenpapst“ Felix V., lässt einen fünfbändigen Entwurf für einen „christlichen Idealstaat“ erarbeiten. Darin dürfen keinerlei „Normverstöße“, erst recht keine „Gotteslästerung, Häresie und Zauberei“ geduldet werden. Dabei führt Herzog Amadeus - „der Friedfertige“ - das „inquisitorische Verfahren“ gegen „Ketzer“ wie gegen „Zauberer“ ein und ermuntert seine Amtsleute, mit „dominikanischen und franziskanischen Inquisitoren“ zusammenzuarbeiten. |
1431
1431 München * Dem „Zauberer“ Schneider werden wegen „unchristlicher Buberei“ die Augen ausgestochen und die Zunge abgeschnitten. |
1432
Vor dem 29. Mai 1432 München-Graggenau * Den bei der Münchner Einwohnerschaft beliebten Franziskaner Barfüßern fließt innerhalb weniger Generationen ein stattliches, ständig wachsendes Vermögen zu. Zahlreiche Adelige und Bürger stiften dem Kloster sogenannte Jahrtage mit regelmäßigen Reichnissen in Naturalien und Bargeld. Das führt schnell zur Verwahrlosung der Klostersitten, sodass sich der Münchner Rat zum Einschreiten veranlasst sieht. |
1439
5. November 1439 Basel * Herzog Amadeus VIII. von Savoyen, genannt der Friedfertige, wird zum Gegenpapst Felix V. gewählt, aber lediglich von Baiern, Aragonien, Ungarn und der Schweiz in dieser Funktion anerkannt. |
1454
1454 München * Der Münchner Henker muss zwei Frauen wegen „Zauberei“ auf den Pranger stellen und sie dann aus der Stadt treiben. |
1455
1455 München * Der Arzt und Schriftsteller Dr. Johann Hartlieb verfasst für den Markgrafen Johann von Brandenburg-Kulmbach ein „Puoch aller verpoten kunst und ungelaubens und der zaubrey“. Johann Hartlieb ist mit Sibilla verheiratet, der illegitimen Tochter von Herzog Albrecht III. und Agnes, und schon deshalb eng mit dem Münchner Hof verbunden. |
1460
1460 München * Weil Sebolt Schönmacher mit seiner „Alchemie“ etliche Bürger geschädigt hat, muss er schwören und versprechen, „zeitlebens nicht mehr in die Stadt und in das Land zu kommen“. |
1469
1469 München-Graggenau * Die Nachfolger des Baiernherzogs Albrecht IV. erweitern die „Neuveste“ und bauen sie zu ihrer ständigen Residenz - als Ersatz für den „Alten Hof“ - aus. Damit befindet sich das „Franziskanerkloster“ in unmittelbarer Nachbarschaft zur „Residenz“ und kann von dort aus sogar direkt betreten werden. |
1469 München * Der Henker muss die „Huntlerin“, eine „Zauberin“, aus der Stadt treiben. |
1474
1474 Rom-Vatikan * Heinrich Institoris wird zum „Inquisitor der oberdeutschen Ordensprovinz“ ernannt. Das ist das deutschsprachige Gebiet zwischen Böhmen und Frankreich, Vorderösterreich, der deutschsprachigen Schweiz und dem Elsass. |
1475
Um 1475 München-Graggenau * Über die Zulässigkeit der regelmäßigen Einkünfte und über den Umgang mit ihrem Grundbesitz kommt es innerhalb des „Franziskaner-Ordens“ zum Streit. |
1480
1480 München-Graggenau * Der regierende Herzog Albrecht IV. zwingt - mit päpstlicher Genehmigung und mit Ausnahme von drei reformwilligen Mönchen - die „Konventualen“ zum Abzug und initiiert gemeinsam mit Papst Sixtus IV. eine Reform des Münchner „Franziskanerordens“. Das Kloster übernehmen nunmehr Pater der „alten Observanz“. Seit dieser Zeit gehen auch die anfallenden Baulasten des Klosters zu Lasten des Herzogs, da den „Observanten“ nach der strengen Auslegung der Armutsregel jedes Eigentum an den Gebäuden untersagt ist. |
Nach 1480 München-Graggenau * Die Münchner „Franziskaner“ leben nach der Klosterreform in erster Linie von „Almosen“. Ihre „Klosterbrauerei“ entsteht erst nach Einführung der strengen „Observanz“ als neuer Erwerbszweig. Traditionell bilden zudem die Gebühren für Bestattungen und dem Lesen von Messen auf dem bei den Münchner Bürgern beliebten „Klosterfriedhof“ eine Einnahmequelle. Als neuer „Hausbetrieb“ entsteht im Münchner Kloster eine „Tuchmanufaktur“. An handwerklich ausgebildeten „Laienbrüdern“ mangelt es nicht, verfügt doch der umfangreiche Konvent durchschnittlich über siebzig Mönche. |
1481
Ab 1481 Konstanz * Die „Verfolgungskampagne“ des Heinrich Institoris, des „Inquisitors der oberdeutschen Ordensprovinz“, in der „Diözese Konstanz“ ist - nach seinen eigenen Angaben - erfolgreich verlaufen. Zwischen 1481 und 1485 werden hier 48 Frauen als „Hexen“ hingerichtet. |
1484
1484 Rom-Vatikan * Der Verfasser des „Hexenhammers“, Heinrich Kramer [„Henricus Institoris“], erwirkt von Papst Innozenz VIII. die Bulle „Summis desiderantes“, in der er die von „Hexen“ begangenen Schäden beklagt, die in den „Erzbistümern“ Köln, Mainz, Trier, Salzburg und Bremen aufgetreten sein sollen. Gleichzeitig kritisiert er den Widerstand, mit dem viele Städte und Territorien eine „Hexenverfolgung“ verweigern. |
1484 Rom-Vatikan * Papst Innozenz VIII. erlässt eine „Hexenbulle“. |
1485
1485 Brixen * Die „Hexenverfolgung“ des Heinrich Institoris, des „Inquisitors der oberdeutschen Ordensprovinz“, in der „Diözese Brixen“ scheitert, nachdem der dortige Bischof für den Abbruch des Verfahrens sorgt und Institoris hinaus wirft. Seine Prozessführung ist offensichtlich so wirr, rechtsbrüchig und skandalös, dass der Bischof keinen anderen Weg als diesen sieht. |
1486
1486 Speyer * Der berüchtigte „Hexenhammer - Malleus maleficarum“, ein „Lehrbuch des Hexenglaubens und der Hexeninquisition“, wird veröffentlicht. Der „Dominikanermönch“ Heinrich Institoris, der zudem „Inquisitor der oberdeutschen Ordensprovinz“ ist, schreibt das Buch, nachdem er mit einer Inquisition in Innsbruck in der „Diözese Brixen“ gescheitert ist. Nach dieser Niederlage will er seine Position stärken und die „Hexenverfolgung“ vor deren Gegnern zu rechtfertigen. Das Buch wird als Vorbild für die künftig in Deutschland geführten „Hexenprozesse“ dienen und wird bis ins 17. Jahrhundert hinein in 29 Auflagen erscheinen. |
1487
1487 Nürnberg * Der „Dominikanermönch“ Heinrich Institoris veröffentlicht den „Hexenhammer“ genannten „Malleus Maleficorum“ und schafft damit eine ausgeklügelte, systematische „Hexenlehre“. |
1491
2. Oktober 1491 Nürnberg * Ein Gutachten des Dominikaners Heinrich Institoris über die Verfolgung von Hexen in der Reichsstadt Nürnberg, nimmt der Rat sofort unter Verschluss. Für die Nürnberger Juristen sind die Ansichten des Inquisitors der oberdeutschen Ordensprovinz nicht zu realisieren. |
1492
1492 München-Graggenau - München-Lehel * Als sichtbaren Ausdruck ihrer Anteilnahme am Leben des Klosters stiftet Herzog Albrecht IV. und seine Gemahlin Kunigunde von Österreich den „Franziskaner-Barfüßern“ einen neuen, von Jan Polack im Stil der Münchner Spätgotik ausgeführten „Hochaltar“. Er befindet sich heute als ein herausragendes Glanzstück im „Bayerischen Nationalmuseum“. |
1500
Um 1500 München-Graggenau * Der „franziskanische Gottesacker“ wird kurz nach dem Jahr 1500 mit einer sechs bis sieben Meter hohen Mauer umgeben. |
1521
17. April 1521 Worms * Martin Luther wird auf dem Reichstag zu Worms am 17. und 18. April 1521 „angehört“. Er lehnt jeden Widerruf ab, solange er nicht aus der „Schrift“ oder aus Vernunftgründen widerlegt würde. |
1532
1532 Regensburg * Die von Kaiser Carl V. erlassene „peinliche Halsgerichtsordnung” - „Constitutio Criminalis Carolina“ - setzt auf „Zauberei“, die den Menschen Schaden zufügt, den „Feuertod“. |
1536
1536 Nürnberg * Der Rat der Reichsstadt Nürnberg verbietet den scheinbar weit verbreiteten „Besuch von Zauberern und Wahrsagern“. |
1542
1542 München * Die „Agnes auf dem Färbergraben“ erhält einen „Stadtverweis“. Da sie zuerst mit dem „Kapellmeister“ Ludwig Senfl und danach mit dem „Dechant“ der Frauenkirche „in Unehren gehaust“ hat, verdächtigt man sie nun, dass sie mit ihren Liebestränken den beiden Würdenträgern „Vernunft, Gedächtnis und die Leibsgesundheit“ geraubt hätte. In der „Schergenstube“ wird sie vom Henker „mit Daumenstock und Nagelbrand“ zum Geständnis gebracht. |
1544
1544 München - Herzogtum Baiern * Im Herzogtum Baiern orientiert man sich vorläufig noch an dem „Strafrechtskommentar“ des Andreas Perneder. Diese ist für die „Strafrechtspraxis“ im Herzogtum wichtiger als die von Kaiser Carl V. im Jahr 1532 erlassene „Constitutio Criminalis Carolina“. Der baierische Kommentar kennt nur die „Strafbarkeit des Schadenszaubers“. |
1559
1559 München * Mit der Ankunft der Jesuiten in München entsteht langsam ein Klima für die Hexenjagd. Die Jesuiten betätigen sich als Berater der Herzöge und als fanatische Massenprediger. Unter Herzog Wilhelm V. und seinem Sohn Maximilian I. schießt in Baiern der Hexenwahn üppig ins Kraut und München sowie Baiern bleiben davon nicht verschont. Hinzu kommt, dass sich auch in den anderen mitteleuropäischen Staaten das Blatt wendet. |
1560
Nach 1560 Europa * Die Missernten haben aufgrund der Klimaveränderung nach 1560 stark zugenommen. Der Mechanismus einer „Agrarkrise“ lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen: Die unmittelbare Folge davon ist eine „Teuerung“, die dazu führt, dass große Teile der Bevölkerung hungern oder an Unterernährung leiden. Dieser Zyklus dauert bis zur nächsten Ernte, also bis zum Spätsommer des folgenden Jahres. Die „Perioden der Teuerung“ treten um das Jahr 1560 häufiger auf und dauern länger. Die Verfolgung der „Hexen“ ist nicht von der konfessionellen Überzeugung der Verfolger abhängig. Im Gegenteil: In Spanien hat sich die „Inquisition“ seit dem Jahr 1526 auf eine sehr gemäßigte Position zurückgezogen. Anders verhält es sich mit den „Hexenverfolgungen“ in Deutschland. |
1562
3. August 1562 Südwestdeutschland * Ein großes Hagelunwetter vernichtet - zu Beginn der Erntezeit - den Wein und das Getreide - und damit das täglich Brot. Das Unwetter löst die erste große Hexenjagd der Neuzeit aus. Alleine in der kleinen protestantischen Herrschaft Wiesensteig werden 63 Hexen verbrannt. Die Verfolgungen werden relativ spontan und gesetzlos durchgeführt. |
1563
1563 Schottland * Mit dem schottischen „Witchcraft Act“ findet sich erstmals nicht der „Schadenszauber“, sondern der „Teufelspakt“ als Wesensmerkmal des „Hexerei-Delikts“. |
1563 München * Petrus Canisius, der wortgewaltige jesuitische Ordensprovinzial für Oberdeutschland, schreibt: „Überall bestraft man die Hexen, welche merkwürdig sich mehren. Ihre Freveltaten sind entsetzlich. [...] Man sah früher in Deutschland niemals die Leute so sehr dem Teufel ergeben und verschrieben. [...] Sie schaffen viele durch ihre Teufelskünste aus der Welt und erregen Stürme und bringen furchtbares Unheil über Landleute und andere Christen. Nichts scheint gesichert zu sein gegen ihre entsetzlichen Künste und Kräfte“. Ohne jeden Zweifel an der Existenz der Hexenverbrechen oder Kritik an den angewandten ungesetzlichen Inquistitionsverfahren, das gegen alle strafprozessrechtlichen Bestimmungen der „Carolina“ verstößt, predigt er im Augsburger Dom über die in Wiesensteig und im schwäbischen Raum stattfindenden Hexenverfolgungen. Die juristischen und medizinischen Einwände interessieren den Jesuiten nicht. Für ihn steht die Theologie weit über der Jurisprudenz. |
1567
1567 Stuttgart * In der „Württembergischen Landesordnung“ wird das neue „Hexerei-Delikt“ ausformuliert: „Wo aber jemandt sich mit dem Teuffel, zu Nachtheil und Beschädigung der Menschen in Bündnuß eingelassen und damit noch niemandts Schaden gethon hette, der soll gestrafft werden nach Gelegenheit der Sach“. |
1572
1572 Sachsen * Die „Kursächsischen Konstitutionen“ nimmt für den „Teufelspakt“ die „Todesstrafe“ auf. |
1578
1578 München * Die ursprüngliche Bezeichnung für „Hexe“ ist in München „Unholdin“. Dieser Begriff taucht erstmals auf, als die Barbara Beyrl unter den Verdacht der „Hexerei“ gerät und in die „Schergenstube“ gesperrt wird. |
11. März 1578 Bozen - München * Die aus Bozen stammende Margarete Schiller wird als erste Hexe in München verbrannt. „Sie hatte in der Folter gestanden eine Unholdin zu sein, Gott geleugnet und dem bösen Feind sich ergeben zu haben, vielmals fleischlich mit ihm verkehrt und auf der Gabel ausgefahren zu sein, viele Menschen durch Zauber ums Leben gebracht, den Bauern das Vieh verzaubert und zuletzt das Wetter, das auf Starnberg und Weilheim niederging gemacht zu haben“. Das war ein typisches Hexengeständnis, das in qualvollen Folterprozeduren erpresst wurde. |
1580
Um 1580 München-Kreuzviertel * Der in München ansässige Jesuitenpater und Hofprediger Jeremias Drexel predigt in der Michaelskirche: „Oh ihr Feinde der göttlichen Ehre! Befiehlt denn nicht das göttliche Gesetz ausdrücklich: Die Zauberer sollst du nicht leben lassen? Hier rufe ich so laut ich kann und auf göttliches Geheiß zu den Bischöfen, Herren, Fürsten, Königen: Lasset die Zauberer nicht am Leben! Mit Feuer und Schwert muss diese entsetzliche Pest ausgerottet werden. Ausgerissen muss dieses Unkraut werden, dass es nicht in übergroßer Fruchtbarkeit emporschieße, wie wir es leider sehen und beklagen. Ausgeräumt soll werden mit den Gottlosen, dass die Pest nicht weiter greift, brennen sollen die Aufrührer Gottes. [...].“ Insgesamt haben die Verfolgungsbefürworter am herzoglich-baierischen Hof ein größeres Gewicht als die kritischen Stimmen. |
1581
1581 Werdenfelser Land * Elsbeth Schlamp aus Garmisch, „ein seltsames Mensch von Ansehen“, und Maria Neuwirth aus Klagenfurt werden in der „Grafschaft Werdenfels“ der „Zauberei“ beschuldigt. Ihnen wird die Erzeugung einer Seuche und eines schwerer Hagelschauers vorgeworfen. Da aber weder der „Pfleger der Grafschaft“, noch die „Freisinger Regierung“ an einer Verfolgung interessiert sind, verläuft der Vorgang im Sand. |
1585
1585 Rom-Vatikan * In einer Bulle verbietet Papst Sixtus V. sämtliche Zauberbücher. |
1587
1587 Dillingen * In dem zum „Hochstift Augsburg“ gehörenden Dillingen gibt es zwischen 1587 und 1591 aufgrund der „Hexenverfolgungen“ mindestens 17 weibliche Todesopfer. |
1589
1589 Trier * Peter Binsfeld, der „Weihbischof“ und „Generalvikar“ von Trier, veröffentlicht sein Buch „Von Bekanntnuss der Zauberer und Hexen“. Er trägt damit entscheidend zur Förderung des „Hexenwahns“ bei und ist für die größten deutschen „Hexenverfolgungen“ des 16. Jahrhunderts, die von 1585 bis 1591 dauern, verantwortlich. Binsfelds Buch ist hier weitaus einflussreicher als der „Hexenhammer“. |
1589 Schwabmünchen * In dem zum „Hochstift Augsburg“ gehörenden Schwabmünchen beginnen die „Hexenverfolgungen“, wo der als „Hexenbischof“ bekannte Marquard II. vom Berg bald das Gefängnis erweitern lassen muss, um die Angeklagten unterzubringen. Hierher kommt der Biberacher „Hexenspezialist“ Christoph Hiert. Das Ergebnis des bischöflichen „Hexenwahns“ sind 27 Hinrichtungen. |
1589 Ingolstadt * Im Zuge der großen „Hexenverfolgungen“ im Herzogtum Baiern wird auch Ingolstadt vom „Hexenwahn“ ergriffen. Mehrere unschuldige Frauen werden verhaftet, verhört und gefoltert. |
Um März 1589 Ingolstadt * Maximilian I., Sohn Wilhelms V. und späterer baierischer Herzog und Kurfürst, studiert an der „Hohen Schule“ in Ingolstadt „Rechtswissenschaften“. Sein Lehrer ist der „Doktor beider Rechte“ Johann Baptist Fickler, der „Hexerei“ als eine Realität betrachtet und sie als einen „Fluch des Teufels“ bezeichnet, dem mit „allen Strafmitteln“ begegnet werden muss. Dem „Hexenwahn“ steht der studierte „Jurist“ ebenso mit Arglosigkeit und Kritiklosigkeit gegenüber, wie sein Zögling Herzog Maximilian I.. Man lässt den damals gerade 17-jährigen Prinzen der „Folterung von Hexen“ beiwohnen. |
Juli 1589 Schongau - München * Das Zentrum des „ersten altbaierischen Hexenprozesses“ ist Schongau bei Weilheim, das vom Bruder Wilhelms V., Herzog Ferdinand, verwaltet wird. Herzog Ferdinand reagiert empfindlich, als ihm sein „Landrichter von Schongau“ von „Hagelschäden, Ernteausfällen“ und den damit verbundenen „Einnahmeverlusten“ berichtet. Zum Glück kann „Richter“ Hans Friedrich Herwarth von Hohenburg gleich die für die Katastrophe Verantwortlichen benennen: die „Hexen“. |
24. Juli 1589 München - Schongau * Herzog Ferdinand befiehlt seinem Landrichter, alle „bösen Leute und Unholden“, denen er habhaft werden kann, umgehend zu verhaften. Ihre Wohnungen sollen nach Salben, Amuletten, wächsernen und durchstochenen Bildern, menschliche Knochen und ähnlichen Zaubermitteln durchsucht werden. Benennen die Angeklagten freiwillig Mitschuldige, soll man ihnen einen Straferlass versprechen. Den Grund dafür, weshalb der „böse Feind“ an Macht gewonnen hat, sieht der Herzog im Zusammenhang mit dem sündhaften Leben der Untertanen. Nur deshalb lässt Gott dem Teufel und seinen Werkzeugen freie Hand. Die Pfarrer und Prediger im Landgericht Schongau sollen deshalb das Volk zur Buße und Besserung des Lebens ermahnen. Herzog Ferdinand fordert zur Unterstützung der unerfahrenen baierischen Hexenjäger den darin geschulten Nachrichter von Biberach an. „Dann wir gesinet, auf alle in Schwung geende und wachsende hochsträfliche Laster, sonderlich das ungeheur Unholdwerckh ernstliche Inquisition und Straf furnemmen“. |
Ab August 1589 Schongau * In dem ohne gesetzliche Grundlage durchgeführten und „Hexenprozess“ werden unter rücksichtslosester Anwendung der „Folter“ die unsinnigsten Geständnisse erpresst. Die Frauen gestehen unter anderem
Die Aussagen der so gepeinigten Angeklagten werden mit einer entsprechenden Empfehlung des „Schongauer Landrichters“ Hans Friedrich Herwarth von Hohenberg an Herzog Ferdinand gesandt, der dann den „Hinrichtungsbefehl“ gibt. |
28. September 1589 Freising - Werdenfelser Land * In der zum Fürstbischof von Freising gehörenden Grafschaft Werdenfels beginnt mit der Verhaftung der 55-jährigen Ursula Klöck sowie Elsbeth Schlamp und ihre Tochter Appolonia eine große Hexenverfolgung, in deren Verlauf fünfzig Frauen und ein Mann der Hexerei beschuldigt werden. Als Landesherr des Freisinger Kirchenstaates steht ebenfalls ein Bruder des baierischen Herzogs Wilhelm V. an der Spitze: Fürstbischof Ernst von Freising ist zugleich Kurfürst des Fürstbistums Köln am Rhein. |
30. Oktober 1589 Freising - Werdenfelser Land * Aus Freising geht der Befehl in die Grafschaft Werdenfels, gegen die der Hexerei Angeklagten Ursula Klöck sowie Elsbeth Schlamp und ihre Tochter Appolonia die Folter anzuwenden. Damit ist der Ausweitung des Hexenprozesses Tür und Tor geöffnet. Durch die über die Folter herausgepressten Geständnisse werden etwa 180 Personen in den Prozess einbezogen. Am Ende werden 50 Frauen und ein Mann der Hexerei schuldig befunden und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. |
1590
Ab 1590 Oberstdorf * In dem zum „Hochstift Augsburg“ gehörenden Oberstdorf werden zwischen 1590 und 1592 noch einmal 68 Frauen als „Hexen“ verbrannt. |
Um 1590 Rettenberg * In dem zum „Hochstift Augsburg“ gehörenden „Pfleggericht Rettenberg“ werden 25 „Hexen“ ermordet. |
Um 1590 München * Während der Hexenverfolgungen werden einige Ehefrauen Münchner Bierbrauer der Hexerei verdächtigt. Darunter die Frauen des „Gilgenrainerbräus“ Viereck, des „Unterspatenbräus“ Jörg Spät und des „Kalteneckerbräus“ Galle Stoltz, der seine Brauerei „von Gericht wegen“ schließen musste. Betroffen war auch die Anna Freykamerin. In einer Zeitung heißt es zu den Hexenverbrennungen: „Volgends um den anfang des Monats Julii sind irer bey fünffen in München verbranndt worden. Under welchen eine wolbekannte Prewin gewesen, die ausgesagt sol haben, wie sie und etlich hundert mit ir in dem Mertzenbier, eh sie dies ausgeschenkt, gebadet habe“. |
10. März 1590<p><strong><em>München</em></strong> * Dr. Johann Georg Herwarth von Hohenburg wird zum Geheimen Rat und Obristkanzler ernannt. Mit seiner Berufung ändert sich die Einstellung gegenüber den Hexenverfolgungen. Der Jurist versucht diese mit den Mitteln des geltenden Strafprozessrechts einzudämmen und bestreitet jedes Ausnahmerecht.</p> <p>Der Grund dafür ist, dass hier Ermittlungen, Verfolgungen und Verurteilungen wegen Hexerei und Zauberei ohne entsprechende landesherrliche Gesetze und Vorgaben eingeleitet und vollstreckt werden. Zu zahlreich sind die Übergriffe und Unregelmäßigkeiten geworden.</p> <p>Um den gesetzlosen Zustand zu beenden, leitet Dr. Johann Georg Herwarth von Hohenburg - noch während im baierischen Herzogtum die Hexenprozesse in Schongau, Ingolstadt und München laufen - eine Gesetzgebung gegen das Hexenverbrechen und damit die Eindämmung der Hexenverfolgung im Herzogtum Baiern ein. </p> |
2. April 1590<p><strong><em>München</em></strong> * Herzog Wilhelm V. fordert zur Unterstützung des Verfahrens zur <em>„Gesetzgebung gegen das Hexenverbrechen“</em> vom Hofrat und von der juristischen und theologischen Fakultät der Universität Ingolstadt ein <em>„Gutachten über die zu ergreifenden Maßnahmen gegen die überhand nehmende Hexerei“</em> an.</p> <p>Darin führt der <em>Herzog</em> aus, Gott selbst habe wegen der schrecklichen Sünden der Menschen diese mit der <em>„neuen Pest der Hexerei“</em> gestraft. Und weil die <em>Hexerei</em> die größte aller Sünden wäre, würde Gott wiederum beleidigt werden. Er, Wilhelm V., sei als <em>Fürst</em> Gott verantwortlich und müsse durch <em>„Bestrafung und Ausrottung der Hexen“</em> die <em>„Ehre Gottes“</em> retten und wiederherstellen.</p> <p>Die Argumentation, dass sich nach dieser Logik Gott eigentlich selbst beleidige, wird ignoriert. Es geht auch nicht so sehr um die Ehre Gottes, sondern um die Angst vor weiteren göttlichen Strafen. </p> |
6. April 1590<p><strong><em>München - Ingolstadt</em></strong> * In dem <em>Gutachten des Hofrates</em> werden zunächst ausdrücklich die Meinungen derjenigen protestantischen <em>Hexenverfolger</em> zurückgewiesen, die gemäßigt auftreten. Dazu gehören Johannes Brenz aus Stuttgart und seine Anhänger, die jede Möglichkeit eines tatsächlichen <em>Wetterzaubers</em> abstreiten. Wetter sind eine Angelegenheit der Natur oder Gottes, nicht aber Sache <em>„alter Weiber“</em> oder gar des <em>„Teufels“</em>.</p> <ul> <li>Nach dem Hofratsgutachten ist den Katholiken künftig jeder Zweifel an der Existenz der Hexen, des Teufelspakts, des Hexenflugs und des Schadenszaubers ebenso verboten wie jede inhaltliche Kritik. </li> <li>Auch das von vier Theologieprofessoren ausgearbeitete Ingolstädter Gutachten,kommt zum Ergebnis, dass <em>„die Obrigkeit mit Eifer und Strenge gegen die Hexen“</em> vorgehen und es den Untertanen zur Pflicht machen soll, <em>„Verdächtige zu denunzieren“</em>. </li> </ul> <p>Die Gutachten folgen alleine den katholischen Autoren und unter diesen wiederum nur denjenigen, die die härtesten Ansichten zur Hexenverfolgung vertreten, die jemals in der europäischen dämonologischen und juristischen Literatur zum Hexenprozess geäußert worden sind. </p> |
Mai 1590 München * Der Hofrat erlässt die „Gemeine General Instruction. Wie sich alle und jede Pfleger, Richter und Beamte [...] mit den Unholden und Hexenwerckhs verleumbden Personen in Erkennung, Einziehung und Besprachung [...] zu verhalten haben.“ Damit ist die Strafbarkeit des Hexereidelikts im baierischen Herzogtum landesherrlich gebilligt. Die Verrechtlichung des Hexerei-Tatbestands führt zunächst aber zum Rückgang der Verfolgungen. Den zuständigen Unterbeamten erscheint die Einleitung eines Verfahrens juristisch offensichtlich zu kompliziert und risikoreich. Und nicht jeder Landrichter ist Jesuitenschüler und versteht die dahinter stehende theologische Logik. Hinzu kommen die Widersprüchlichkeiten der Hexenprozess-Ordnung und die ständig eintreffenden einschränkenden Vorgaben. |
10. Mai 1590 München-Kreuzviertel * Bei einem Gewitter stürzt der Turm der neuen Michaelskirche ein. Für die Jesuiten ist es eindeutig und naheliegend, dass das Unglück von den Hexen beeinflusst ist: „Ist vergangene Tage so ein grewlich wetter abgegangen, dem Thurm und gebew nitt wenig befürderung mechte geben haben; dann vill die meinung, daß sollich ungewonliche gewütter von den maledeutten bösen Weibern gemacht werden.“ |
14. Mai 1590 Ingolstadt - München * In mehreren Briefen, unter anderem in dem vom 14. Mai 1590, berichtet der Student Maximilian I. - völlig unberührt - an seinen Vater von den entsetzlichsten Folterungen, die er in den Ingolstädter Hexenprozessen erlebt hat. Auch nach seinem Regierungsantritt huldigt der Herzog und Kurfürst Maximilian I. dem Hexenwahn. |
Um Juni 1590 München * In München findet ein Hexenprozess statt, in dessen Zusammenhang vier Frauen verbrannt werden. Der Münchner Falkenturm fungiert als Hexenturm. Leider haben sich die Akten nur lückenhaft überliefert, sodass weder ein Zusammenhang des Hexenprozesses mit dem Einsturz des Turms der Michaelskirche, noch mit der Nennung von vier Brauerinnen hergestellt und bewiesen werden kann. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass es auch wesentlich mehr als die vier bekannten Opfer gewesen sein können. |
2. Juli 1590 München * Der von Herzog Wilhelm V. ausgehende Hexenprozess ist zu Ende. Die Anklage gegen vier „Weibspersonen“ unterschiedlichen Alters lautet auf
Die vier Frauen, Anna Anbacherin, Brigitte Anbacherin, Regina Bollingerin und Regina Lutzin, machen die üblichen Geständnisse: Ausfahrt mit dem Teufel über Felder und in verschiedene Weinkeller. Eine andere gestand, sie habe ein totes Kindlein auf dem Gottesacker vor dem Sendlinger Thor ausgegraben und daraus eine wässrige, zähe und wasserfarbige Salbe bereitet. Aufgrund des erdrückenden Beweismaterials werden alle vier Frauen als Hexen zum Tode verurteilt. Wegen ihres hohen Alters werden sie - auf Fürbitte hoher fürstlicher Personen - vorher erdrosselt und danach ihre geschundenen Körper verbrannt. |
24. September 1590 München * Herzog Wilhelm V. erlässt für seine Richter eine „Instruktion über die Behandlung von Unholden und des Hexenwerks verdächtige Personen“. |
Oktober 1590 Ingolstadt * In einem Gutachten der „Universität Ingolstadt“ gegenüber der „Hochstiftlichen Regierung in Freising“ wird festgestellt, dass den von den „Scharfrichtern“ ermittelten „Hexenmalen“ keine Beweiskraft mehr zukommt, weil sich ein „so gewöhnlicher und verworfener Mensch“ wie ein „Nachrichter“ bei der „Erkennung der Hexenzeichen“ durchaus täuschen könne. Damit ist die sogenannte „Nadelprobe“, die zum hoch geschätzten Gutachterwissen der „Scharfrichter“ gehört, für das Verfahren wertlos geworden. |
1591
1591 München * Peter Binsfelds Buch „Von Bekanntnuss der Zauberer und Hexen“ erscheint in München in deutscher Sprache. Der Münchner „Stadtgerichtsassessor“ Bernhard Vogel hat das Werk aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Gewidmet ist das Buch „Von Bekanntnuss der Zauberer und Hexen“ Herzog Ferdinand, der den „Schongauer Hexenprozess“ der Jahre 1589/90 führte und nachträglich für seine abscheuliche Tat gerühmt werden soll. Adam Berg schreibt im Vorwort des Buches, dass es gerade jetzt notwendig sei, da man „zu diser zeit etliche Personen finden möchte, die sagen dörfften, man thue den Leuthen unrecht“. |
1591 Kelheim * Anna Pämb [50] lebt mit ihrem Mann Paulus [48] und den Söhnen Gumpprecht [13], Michael [11] und Hansel [ein Jahr alt] im „Kelheimer Armenhaus“. Vater Paulus bietet seine Arbeitskraft als „Kesselflicker“ an. Im „Armenhaus“ von Kelheim lernt Anna Pämb eine gewisse Zieglerin kennen. |
1591 München * In München erscheint das „Tractat von Bekanntnuß der Zauberer und Hexen“ in deutscher Sprache, das der Trierer „Weihbischof“ Peter Binsfeld verfasst hat und darin die Forderung „die Zauberer sollst du nicht leben lassen“ erhebt. |
5. November 1591 Werdenfelser Land * Mit Brigitta Krätzler und Barbara Feurer werden die beiden letzten Beschuldigten des Werdenfelser Hexenprozesses hingerichtet. Dann endet zunächst die Hexenverfolgung im Werdenfelser Land. Das liegt einerseits am verstärkt auftretenden Widerstand aus der Bevölkerung, andererseits an den hohen Kosten. Alleine der Nachrichter erhält für jede Besichtigung zwei Gulden, dazu täglich ein Wartegeld von zwei Gulden und für jede Hinrichtung nochmal acht Gulden. Auch Verpflegung und Unterkunft trägt die Staatskasse. Insgesamt kostet der Werdenfelser Hexenprozess rund 4.000 Gulden. Am Ende dieser Verfolgungs-Periode zählt man 49 auf dem Scheiterhaufen zum Teil lebendig verbrannter Angeschuldigter, zum Teil werden sie vorher erwürgt oder geköpft. Zwei Frauen sterben während ihres Gefängnisaufenthalts, eine davon verübt Selbstmord. |
1592
1592 Schongau * Nach einem drei Jahre dauernden Prozess endet die „Schongauer Hexenverfolgung“ mit der Hinrichtung von 63 Frauen durch das Schwert. Die Leichen der „Hexen“ werden anschließend verbrannt. |
1596
1596 München * Herzog Wilhelm V. ermahnt den Münchner Rat, „fleißiger auf die bösen Weiber zu achten, die die Kindlein verzaubern“. |
1598
1598 München * Eine aus 18 Personen bestehende „Zaubergesellschaft“ sitzt in der „Schergenstube“ in Haft, deren Mitglieder
Eine eigene „Ratskommission“ wird gebildet, die sich aus Mitgliedern des „Inneren“ und „Äußeren Rats“ zusammensetzt. Die Urteile sind glimpflich.
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1600
Februar 1600 Altmannstein * Die Familie Pämb lebt beim Kleinbauern Ulrich Schölz bei Riedenburg. Da taucht der Amtmann von Altmannstein auf und verhaftet die komplette Familie bis auf den inzwischen zehnjährigen Hansel, der bei den Bauersleuten zurückbleibt. Schnell kann der wahre Hintergrund aufgeklärt werden. Der Amtmann sieht ein, dass die Denunziation wohl nur ein Racheakt gewesen war, schickte das Protokoll nach München und wartet auf die Nachricht, dass die Familie freizulassen sei. |
März 1600 Altmannstein * Die aus München kommende Antwort ordnet die „hochnotpeinliche Befragung“ der Familie Pämb an. Unter der „Tortur“ der „Folterknechte“ gestehen die 59-jährige Anna, der 57-jährige Paulus und die Söhne Michael [20] sowie Gumpprecht [22] jede Menge Diebstähle, Brandstiftungen und Raubüberfälle. So wirr, unlogisch und widersprüchlich die unter der „Folter“ erpressten „Geständnisse“ auch sind, der Altmannsteiner Amtmann verständigt daraufhin umgehend den „Hofrat“ in München. |
16. April 1600 Altmannstein - München * Die Familie Pämb nach München überführt und im Falkenturm eingekerkert. Die Männer kommen in einzelne, „Keuchen“ genannte Zellen. Nur Hansel durfte bei seiner Mutter bleiben. Nun beginnt der sogenannte Pappenheimer-Prozess. |
17. April 1600<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Eine vierköpfige Kommission untersucht die <em>Landfahrerfamilie</em> Pämb. Auf Wunsch von Herzog Maximilian I. soll zunächst geprüft werden, ob sich die Familie tatsächlich für ein öffentlichkeitswirksames Exempel eignet. Die Kommission scheint zufrieden. Denn vor ihnen stehen zwei alte, ausgezehrte Menschen und zwei Burschen, die alle vier bereits durch die <em>Folter</em> gezeichnet sind, dazu ein zehnjähriges Kind. Sie sind davon überzeugt: diesen Delinquenten kann man alles mögliche andichten, auch eine <em>Teufelsanbetung</em>. Begeistert erstattet man dem Herzog davon Bericht.</p> <p>Den <em>Hexen-Prozess</em> leitet der <em>Hofratskommissar </em>Dr. Johann Simon Wagnereckh. Zunächst befragt er den kleinen Hansel. Mit anwesend sind dabei die <em>Hofräte</em> Jacob Hainmüller und Ernst von Roming, ein <em>Schreiber</em> sowie der <em>Eisenmeister</em> Sebastian Georg, der zugleich der Verwalter des <em>Falkenturms </em>und oberster <em>Folterknecht</em> ist.</p> <p>Zunächst soll Hansel nur sagen, ob seine Brüder jemals <em>abgeschnittene Kinderhände</em> mit sich geführt hätten. Schockiert schüttelt Hansel den Kopf und gab damit das Zeichen für die <em>Folterknechte</em>. Nach der <em>Tortur</em> gesteht der Zehnjährige alles, was man ihm an Unterstellungen über seine Brüder eingeredet hat. </p> <ul> <li>Ja, sie haben Kindern die Hände abgeschnitten,</li> <li>ja, sie haben Schwangere ermordet, um an die Hände der Ungeborenen zu kommen.</li> <li><em>„Ja“</em>, immer wieder <em>„ja“</em>. </li> </ul> |
19. April 1600<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Die Inquisitoren nehmen sich den Vater Paulus Pämb vor. Er kommt an den Wippgalgen, bei dem man an nach hinten gestreckten Armen und einem Gewicht an den Füßen hochgezogen wird. Auch sein Widerstand bricht schnell und er bestätigt jede nur mögliche Grausamkeit, die man ihm und seinen erwachsenen Söhnen unterstellt.</p> <p>Die Verhandlungsführer gehen immer nach dem gleichen Muster vor. Die gewünschten Antworten werden quasi vorformuliert und müssen von dem Opfer nur noch bestätigt werden. Was dann im Geständnis steht, ist also in der Regel der Phantasie der Befrager entsprungen.</p> |
Um den 24. April 1600 München-Graggenau * Nach dem Vater muss Michael in den Wippgalgen. Doch der Bursche hält länger durch als sein Vater. Erst als man ihn zusätzlich mit einer brennenden Fackel unter den Achseln foltert, ist auch sein Wille gebrochen. Er bestätigt, dass er Kinderhände zum Zaubern genutzt hat, gesteht Morde, Brandstiftungen, Einbrüche, Raubzüge und alle sonstigen Verbrechen, die man ihm suggeriert. Die Mutter habe ihm das Hexen beigebracht. Bei seinem älteren Bruder Gumpprecht erzwingen die Folterknechte die Bestätigung für alles sowie weitere Gräueltaten. |
28. April 1600 München-Graggenau * Zuletzt widmen sich Hofkommissar Dr. Johann Simon Wagnereckh und die Hofräte Hainmüller und Roming der betagten Mutter Anna. Bei ihr fragt man nicht erst nach Morden oder anderen Verbrechen, sondern widmet sich gleich dem schlimmsten aller Verbrechen: der Hexerei und Teufelsanbetung. Dabei steht gar nicht zur Frage, ob sie eine Hexe sei. Das wird als Tatsache vorausgesetzt. Die gemarterte Frau erfindet äußerst wilde Geschichten von der alten Zieglerin und dem Knecht, der der Satan gewesen sei, um den Qualen endlich ein Ende zu bereiten. Insgesamt gibt Anna Pämb zu, dass sie 100 Kinder und 19 alte Menschen mit ihren Zauberkünsten brutal ermordet habe. Ferner nennt sie rund 400 weitere Personen, die ebenfalls Hexerei betreiben. |
Um den 30. April 1600<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Einige Tage nach ihrem Folterverhör, nachdem sich die alte <em>„Pämbin“</em> wieder ein wenig erholt hat, widerruft sie ihre Aussage. Der Widerruf führt sie jedoch direkt zurück in die Folterkammer, wo sie erneut alles zugibt, was ihr die Inquisitoren des Herzogs Maximilian I. unterstellen. </p> |
Mai 1600 München-Graggenau * Unter der „Tortur“ bezichtigen die Pämbs auch die Familie des Klostermüllers aus dem niederbaierischen Tettenwang der „Hexerei“. Der Klostermüller, seine Frau Anna und beider Tochter Agnes, später auch Ursula genannt, sowie weitere Bekannte der Pämbs werden umgehend verhaftet, nach München gebracht und dort so lange gefoltert, bis auch sie grauenhafte, hexerische Untaten gestehen. Dabei hatte der Klostermüller von Tettenwang den Pämbs lediglich geholfen und den fahrenden Bettlern Unterkunft und Essen gewährt. |
Mai 1600 München-Graggenau * Zur Erpressung von „Geständnissen“ unter der Anwendung der „Folter“ gehört auch das Denunzieren von Mitmenschen als „Hexen, Zauberer“ und „Teufelsbündler“. Es war deshalb nicht verwunderlich, dass bei Erreichen des Höhepunkts der „Hexenverfolgung“ im Herzogtum Baiern der „Falkenturm“ bald überfüllt ist und aus diesem Grund ein „Stadtmauerturm“, unmittelbar neben der „Alten Münze“, als zusätzlicher „Hexenturm“ eingerichtet werden muss. |
Mai 1600 München-Graggenau * Paulus, Michael und Gumpprecht bestätigen im Lauf der nächsten Wochen, selbst „Hexer“ zu sein, den Teufel anzubeten und grässliche Verbrechen, die sie durch „Zauberei“ begangen haben. Paulus Pämb hat im „Dienst des Teufels“ 44 Morde begangen. Dass die über 300-fachen Mörder außerdem unzählige „Schadenzauber“, Diebstähle und Brandstiftungen begangen haben, spielt da kaum noch eine Rolle. Aufgrund der „Denunziation“ werden zwei ihrer skrupellosen Gefährten verhaftet und mit den Pämbs vor Gericht gestellt: der Bauer Ulrich Schölz sowie ein Schneider namens Georg Schmälzl, die ebenfalls „gefoltert“ und zu „Geständnissen“ gezwungen werden. Einzig den kleinen Hansel verschont man mit weiteren „Folterungen“. |
26. Juli 1600 München * Die Hofkommissare unter der Leitung von Dr. Johann Simon Wagnereckh fällen ihr Urteil. Nachdem sie es ausformuliert haben, begeben sie sich in den Falkenturm, wo sie den Malifikanten die Geständnisse vorlesen. Es ist üblich, den Delinquenten drei Tage vor der Hinrichtung diese sogenannten Urgichten noch einmal zur Kenntnis zu geben, damit sie die Gelegenheit zur Korrektur haben und eventuell Denunziationen zu widerrufen. Aus panischer Angst vor weiteren Folterungen verzichten die Pämbs und ihre Mitangeklagten darauf, den Urgichten zu widersprechen. Danach gewährt man ihnen eine Henkersmahlzeit, die auch gebratenes Fleisch und Wein umfasst. |
29. Juli 1600 München-Graggenau * Am Morgen führt eine Delegation von berittenen Amtmännern, zwei Priestern und bewaffneten Soldaten die Delinquenten in Ketten vom Falkenturm zum Schrannenplatz, dem heutigen Marienplatz, zum „Malefizrechtstag“. Der gerade elf Jahre alt gewordene Hansel muss beim Bußamtmann der Stadt München auf dem Pferd mitreiten und alles mit ansehen. Eine geifernde Menschenmenge wartet vor dem Rathaus und hofft auf eine spektakuläre Hinrichtung der Pämbs und ihrer Leidensgenossen. Obwohl der Herzog den Prozess führt, muss die Stadt München den Schauprozess und die Hinrichtung ausrichten. Als der Bannrichter Christoph Neuchinger schließlich die Todesurteile verkündet, wollen die Jubelschreie der Münchner kein Ende nehmen. |
29. Juli 1600 München * Nun demonstriert die herzogliche Justiz ihre unvorstellbare Bestialität. Noch auf der Freitreppe des Rathauses reißen der Henker und seine Helfer den Männern mit glühenden Zangen jeweils sechs Fleischstücke aus den Armen und dem Oberkörper. Danach schneidet man Anna Pämb die Brüste ab und schmiert sie ihr und den beiden Söhnen dreimal „umb das Maul“, mit dem Hinweis, dass aus diesen Brüsten solche abscheuliche Bubenstücke „gesogen“ wurden. Schließlich verfrachtet man die Schwerstverwundeten auf zwei Schandkarren, um sie zum Galgenberg zu bringen, der vor den Toren der Stadt liegt, etwa an der Stelle, an der heute die Hackerbrücke auf die Landsberger Straße trifft. Tausende Schaulustige begleiten die Wagen, Hansel Pämb reitet auf dem Pferd des Bußamtmanns mit. |
29. Juli 1600 München-Maxvorstadt * Am Galgenberg werden die fünf Männer gerädert. Dazu bindet man die Malefikanten auf ein scharfkantiges Balkengerüst und zerschmettert ihnen mit einem eisenbeschlagenen Richtrad die Gliedmaßen. Für gewöhnlich beginnt diese Bestialität bei den Unterschenkeln. Die Zahl und der Rhythmus der Schläge sowie die Reihenfolge der Gliedmaßen sind genau vorgeschrieben. Paulus Pämb wird nun zusätzlich „gespießt“. Der Henker rammt ihm einen kurzen Jagdspieß durch den After in den Unterleib. Der letzte Akt der Justizwillkür im Namen des Herzogs Maximilian I. ist der Feuertod. Man zerrt die Pämbs und ihre Bekannten zu ihren Scheiterhaufen, bindet sie an - Anna setzt man dabei auf einen Stuhl- und verbrennt die „Teufelsbrut“ lebendig und „unter jämmerlichem Geschrei“. |
29. Juli 1600 München-Maxvorstadt * Das wohl mit weitem Abstand Verabscheuungswürdigste der Hinrichtung aber ist, dass der inzwischen elfjährige Hansel Pämb, auf dem Pferd des Bußamtmanns sitzend, der qualvollen Hinrichtung seiner Eltern und Brüder beiwohnen muss. Doch auch dem Kind bleibt der spätere Feuertod nicht erspart, da Hansel ja schon „im Mutterleibe dem Teufel geweiht und an seiner Stelle ein anderes gestohlenes Kind getauft worden sei“. |
11. August 1600 München-Graggenau * Die zwanzigjährige Agnes Klostermüller wird elfmal „aufgezogen“, davon zehnmal belastet mit einem fünfzig Pfund schweren Stein. Das Mädchen bleibt standhaft, obwohl ihm alle Glieder zerrissen werden. Nichts, außer der Beteuerung ihrer Unschuld, ist aus ihr herauszubringen. Vor dem Beginn der Folter spricht Hofrat Dr. Johann Simon Wagnereckh lateinische Verse und Psalme über sie, um sie zu „entzaubern“. Da hier der Name Jesus vorkommt, sagt Agnes Klostermüller: „sie wolle diesen Jesus nit [in dessen Namen man Unschuldige martert] sondern wolle den haben, der sie erschaffen und für sie am Stamme des Kreuzes gelitten“. Nach der Folter lässt man Agnes für etwa zehn Wochen in Ruhe. |
20. Oktober 1600 München-Graggenau * Agnes Klostermüller wird erneut zur Tortur geschleppt. Dann, nach viermaligen Aufziehen ist ihre Kraft endgültig gebrochen. |
24. Oktober 1600 München-Graggenau * Ein Selbstmordversuch der eingesperrten und gefolterten Agnes Klostermüller scheitert. Gebrochen und verzweifelt erzählt sie nun alles, was man von ihr hören will:
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26. November 1600 München-Maxvorstadt * Die Scheiterhaufen auf dem Münchner Galgenberg lodern erneut. Diesmal befindet sich neben der Agnes Klostermüller und ihrer Mutter Anna, der Weber Hans Stumpf, Glashansl genannt, und der Brotträger Augustin Baumann. Auch der elfjährige Hansel Pämb wird dem Feuer übergeben. Der alte Klostermüller stirbt noch im Falkenturm. Es ist ungewiss, ob an den Qualen der Folter oder durch einen Selbstmord. |
1608
1608 München * Die „schwarze Christlin“ mit etlichen „Ansegenweibern, die sich des Ansegnens und Zauberwerks gebrauchen“ kommen in Haft. |
12. April 1608<p><strong><em>München</em></strong> * Dr. Johann Simon Wagnereckh präsentiert einen ersten Entwurf des von ihm ausgearbeiteten baierischen Aberglaubens- und Hexenmandat. Mehrere Räte kritisierten seine <em>„übergroße Schärfe“</em>.</p> <p>Zu einer Verabschiedung des Mandats kommt es nicht mehr, weil dadurch ein Machtkampf zwischen den Zelanten [= Eiferer] und den Politikern ausgebrochen ist und sich die beiden Gruppen gegenseitig blockieren. </p> |
Mai 1608 Markt Schwaben * Der „Beyerin von Winden“, einer Bäuerin aus der Gegend um Markt Schwaben, wird der Prozess gemacht. „Ankläger“ ist erneut der „Hofrat“ Dr. Johann Simon Wagnereckh. Es kommt wiederholt zur Auseinandersetzung mit dem „Hofoberrichter“ Dr. Bernhard Barth von Hermatingen, sodass sich der Prozess monatelang hinzieht und die Frau im Mai 1608 einen Selbstmord verübt. |
26. Mai 1608 Donauwörth * Während der Fronleichnams-Prozession geht ein schweres Gewitter über der Stadt Donauwörth nieder, das man sich nur mit Schadenszauber und Hexerei erklären kann. Birgit Schuster und Paul Ritter werden als Verursacher des Unwetters verhaftet. Birgit Schuster gesteht unter der Tortur, nennt über hundert weitere Hexen und wird verbrannt. Paul Ritter wird ebenfalls den Flammen übergeben. Durch die Denunziation werden weitere 17 „Unholdinnen“ angeklagt. |
1609
März 1609 Wemding * Der „Donauwörther Hexenprozess“ greift durch Denunziation auf Wemding über. Auch der dortige „Pfleger“ Konrad Bemelberg d. J., der Sohn des Donauwörther „Statthalters“, erhält vom Münchner „Hofrat“ Dr. Johann Simon Wagnereckh eine „Blankovollmacht“ zur „Folteranwendung“. Neun Frauen und ein Mann werden daraufhin der „Hexerei“ bezichtigt und später hingerichtet. |
1610
30. März 1610 Bamberg * Friedrich Förner hat in Bamberg ein „Aberglaubens- und Hexenmandat“ erlassen. |
Um Mai 1610 München * Noch während die „Wemdinger Hexenprozesse“ laufen, nutzt der „Hofratskanzler“ Dr. Johann Simon Wagnereckh die Gunst der Stunde und bringt seinen abgeschmetterten Vorschlag für ein „Aberglaubens- und Hexenmandat“ wieder aufs Tablett. |
Oktober 1610 Augsburg * Bischof Heinrich V. von Knöringen erlässt ein entsprechendes „Aberglaubens- und Hexenmandat“ für das „Hochstift Augsburg“. Sie alle stehen damit in einer Linie mit den fränkischen Bischöfen und den Fürsten in München sowie Köln und zählten zu den von Papst Urban VIII. so bezeichneten „Zelanten“. |
1611
1611 München * Herzog Maximilian I. erlässt ein „Landgebot gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“. |
24. Januar 1611 München * Der Jurist Dr. Cosmas Vagh, der wegen seinen Positionen und seiner Härte in der Hexenverfolgung berüchtigt ist, hat ein „Landgebott wider die Aberglauben, Zauberey, Hexerey und andere sträffliche Teuffelskünste“ verfasst, das er nun persönlich dem Gremium des Hofrats in aller Ausführlichkeit vorträgt. Zuvor war es inhaltlich mit den Jesuiten abgestimmt worden. Die Hofräte verabschieden das Hexen-Mandat noch in der gleichen Sitzung. |
Februar 1611 München * Abschließend wird das baierische „Aberglaubens- und Hexenmandat“ dem „Hofratskanzler“ Dr. Johann Simon Wagnereckh zur abschließenden Kontrolle vorgelegt, bevor es in der Druckerei der „Anna Bergin wittib“ im Februar 1611 auf Papier gebracht wird. Wie so oft, handelt „Hofratskanzler“ Wagnereckh auch hier wieder eigenmächtig. Das Werk geht in Druck, bevor es Herzog Maximilian I. unterzeichnet hat - und damit nicht rechtskräftig ist. |
12. Februar 1611 München * Das „Herzogliche Baierische Mandat gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“ liegt in gedruckter Form vor. |
28. März 1611 München * Der Geheime Rat kann sich erst jetzt mit dem Hexen-Mandat befassen. Er nimmt - besonders an den Paragraphen, in denen es um die Konfiszierung von Eigentum geht - umfangreiche Korrekturen vor und erklärt, dass er das Mandat in der vorliegenden gedruckten Form nicht veröffentlichen will. |
Um Juli 1611 München * Der aus Ingolstadt stammenden Dr. Schober mit der Untersuchung der „Prozess-Umstände“ von Wemding beauftragt. Schobers Urteil ist für den „Hexenrichter“ Dr. Gottfried Sattler niederschmetternd, woraufhin alle in München und Wemding Angeklagten auf Befehl des „Hofrats“ freigelassen werden müssen. Dafür wird Dr. Sattler verhaftet und in den „Falkenturm“ nach München gebracht. Bei den Vernehmungen kommen nicht nur die „Unterschlagungen und Veruntreuungen“ in Höhe von 3.000 Gulden ans Tageslicht, sondern auch ein „adulterium“, eine unzüchtige sexuelle Handlung. Damit ist die Geduld des „Hofes“ erschöpft und das Todesurteil über den „Hexenrichter“ schnell gefällt. |
1612
1612 München * Das Kräfteverhältnis im „Hofrat“, dem zentralen kurfürstlichen Entscheidungsträger in der „Justiz“, hat sich zu Gunsten der verfolgungskritischen „Politiker“ verändert. |
Ab 1612 Bamberg * In den fränkischen „Hochstiften“ erreichen die „Hexenverfolgungen“ einen neuen Höhepunkt. Vor allem der Bamberger „Weihbischof“ Friedrich Förner tut sich als Antreiber hervor. Noch während der ersten „Verfolgungswelle“ der Jahre 1612/13 kommt es zur „Hinrichtung“ von 15 „Hexen“. |
21. Januar 1612 München * Der Geheime Rat schickt das „Herzogliche Baierische Mandat gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“ wieder zurück, weshalb es den Beamten erst im März 1612 zugänglich gemacht werden kann. Die für den voreiligen Druck verantwortlichen Hofräte Dr. Cosmas Vagh und Dr. Hieronymus Faber mussten die Korrekturen als Strafarbeit persönlich in die anderen Exemplare übertragen. Das Verhalten des Hofrats gegenüber dem Geheimen Rat löst auch die Untersuchung der Vorgänge in Wemding aus. |
März 1612 München * Erst jetzt ist das „Herzogliche Baierische Mandat gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“ den Beamten zugänglich gemacht. Das „Landgebott wider die Aberglauben Zauberey Hexerey und andere sträffliche Teufelskünste“ umfasst 40 Seiten und ist das umfangreichste „Gesetz gegen die Hexerei, Zauberei und Aberglauben“, das jemals in Mitteleuropa publiziert worden ist. Es listet 52 strafbare Formen von „Aberglauben“ auf. Ausdrücklich wird „guter“ und „schlechter Zauber“ gleichgesetzt. Jede Form von „Zauberei“ muss ausgerottet werden, weil sonst „Gott der Allmechtig zu billichem Zorn gegen uns Menschen bewegt und unser Landt und Leuth mit thewrung Krieg und Pestilentz auch andern mannigfaltigen Plagen straffen und angreiffen möchte“. Als besonders tatverdächtig werden im Bereich des „Aberglaubens“ die „Schmiede auf dem Lande“, die „alten Weiber“ und die „Nachrichter“ genannt. Erstmals wird für den Bereich des Herzogtums Baiern nun auch der „Teufelspakt“ als Straftat ausformuliert. |
21. Juli 1612 München * Zur Veröffentlichung des Hexenmandats muss dieses von der Kanzel verlesen werden. Doch der Landrichter von Friedberg berichtet, dass sich die Priesterschaft im Bezirk der Verlesung des Hexenmandats verweigern würde und führt dies auf den Einfluss der zuständigen Bischöfe zurück. Außerdem untersagt der Geheime Rat dem Hofrat die Veröffentlichung des Mandats in den Hofmarken. Damit zeigt das Mandat keine allzu große Wirkung. |
1613
1613 München * Der Münchner „Henker“ Hans Stadler wird angeklagt, weil er gestohlene Sachen durch „Zaubern“ wieder zurückholen kann und diese „Kunst“ für 12 Gulden einem Mitglied aus der Adelsfamilie der Taufkirchner zur Verfügung stellte. |
23. Mai 1613 München - Markt Schwaben * Herzog Maximilian I. macht der Vorschlag, das Urteil gegen Dr. Gottfried Sattler außerhalb von München zu vollstrecken, um so ein größeres Aufsehen zu vermeiden. Dr. Gottfried Sattler wird wenig später in Markt Schwaben hingerichtet. Es ist aber nicht die willkürliche Art seiner Prozessführung, die zu seiner Verurteilung führt, sondern
Erst nach dem Wemdinger Fiasko setzt sich beim Hofrat eine vorsichtigere Verfolgungspraxis durch. Die Außenbeamten werden jetzt sorgfältiger überwacht und voreilige Maßnahmen frühzeitiger gerügt. In der Folgezeit endeten die meisten Untersuchungen wegen Zauberei mit strengen Verweisen. |
1614
1614 München * Der zwölfjährige Onophrius Mießl kommt in den Verdacht der „Hexerei“, nachdem er dreimal hintereinander eine geronnene Milch heimbrachte. Mit vorformulierten Fragen stimuliert das „Kürschnerehepaar“, bei dem er angestellt ist, ihn zu „Hexereigeständnissen“. Auf Anraten eines Paters wird der „Stadtrichter“ vom Verdacht informiert und der Junge unter Einsatz der „Folter“ verhört. Der Rat der Stadt stellt abschließend fest, dass das Geständnis ein „erdichtetes Lügen- und Fabelwerk“ sei und sperrt statt des Knaben das „Kürschnerehepaar“ acht Tage bei „Wasser und Brot“ ins Gefängnis. |
1615
Nach 1615 München-Graggenau * Der „Hofprediger“ Jeremias Drexel geifert von der Kanzel: „Ich rufe auf Befehl Gottes und so laut ich nur kann, Bischöfen, Fürsten und Königen zu: Lasset die Hexen nicht leben! |
12. September 1615 München-Graggenau * Ohne eigenes Zutun kommt das Münchner Stadtgericht zu einem Hexenprozess. Eine Bettlerin wird nach einem Selbstmordversuch festgenommen und diese erklärt dazu völlig unerwartet, dass sie, Barbara „Bärbl“ Schwerzin, „vom Teufel besessen“ und sie, ihre Schwester Elisabeth „Elsl“ und besonders ihre Mutter Katharina Hexen seien. An diesem 12. September beginnt der Hexenprozess. |
4. Dezember 1615 München-Graggenau * Der Stadtrat beschließt die Hinrichtung der drei Hexen: Barbara „Bärbl“, Elisabeth „Elsl“ und Katharina Schwerzin. Auch der Hofrat schließt sich dem Vorschlag an. Doch nun stellt sich Herzog Maximilian I. gegen die Auffassung des Stadtrats und seiner eigenen Justizbehörde. Auf Drängen Herzog Maximilians I. nimmt dieser städtische Hexenprozess beinahe wieder ausufernde Formen an. Getreu der Doktrin: „Wo eine Hexe ist, da sind noch mehr zu finden.“ |
1616
Ab 1616 Bamberg * In der zweiten „Verfolgungswelle“ des Bamberger „Weihbischofs“ Friedrich Förner zwischen 1616 und 1622 müssen erneut 159 Menschen als „Hexen“ sterben. |
Ab 1616 Würzburg - Tübingen * In Würzburg kommt es unter „Fürstbischof“ Julius Echter von Mespelbrunn zu ersten Verfolgungen. In einem Tübinger Bericht berichtet ein anonymer Verfasser über den aufkeimenden „Hexenwahn“ im Hochstift: „Auß dem Bißthum Würzburg: Gründliche Erzehlung der Bischof zu Würzburg das Hexenbrennenim Frankenland angefangen, wie er dasselbeforttreiben, und das Ungeziffer gentzlich außrotten wil, und allbereit zu Geroltzhoffen starke Brände gethan, hinführe alle Dienstag thun will“. |
21. Januar 1616 München * Der Hexenprozess gegen Barbara, Elisabeth und Katharina Schwerzin wird wieder aufgenommen. Nach den Geständnissen der Elsl Schwerzin unter der Folter werden vier weitere Frauen verhaftet, jedoch im Mai wieder entlassen. Am letzten Gerichtstag widerrufen die Mutter Katharina und ihre Tochter Bärbl alles vorher gesagte; nur Elsl bleibt bei ihren früheren Aussagen. Das Stadtgericht nimmt nun den Prozess mit verstärkter Anwendung der Folter wieder auf, prüft aber die erzwungenen Aussagen besser nach und muss feststellen, dass die Aussagen frei erfunden und erlogen sind. |
8. November 1616 München * „Elsl“ Schwerzin wird als Hexe hingerichtet, die „Alte“ Schwerzin freigelassen und von der Stadt versorgt. „Bärbl“ gibt in ihrer Verwirrung immer neue Geständnisse ab, denen der Stadtrat aber keinen Glauben mehr schenkt. |
1617
1617 Eichstätt * Im „Bistum Eichstätt“ beginnen die Hexen-Verfolgungen. Dort ist es Johann Christoph von Westerstetten, der sich bereits im „Bistum Ellwangen“ als fanatischer „Hexenbischof“ hervortat und an seiner neuen Wirkungsstätte die „Hexen-Verfolgungen“ forciert. In seiner Amtszeit zwischen 1617 und 1630 lassen sich mindestens 155 Hinrichtungen [133 Frauen und 22 Männer] nachweisen. Mit seinem Tod enden auch die Verfolgungen. |
1618
1618 Augsburg * Besonders unverständlich erscheint uns die nicht zu unterschätzende Anzahl von „Hexenprozessen gegen Kinder“. In der „Reichsstadt Augsburg“ finden in den Jahren zwischen 1618 und 1730 acht derartige Verfahren statt, in denen 45 Kinder und Jugendliche betroffen sind. Ein Drittel davon sind Mädchen, der Rest sind Knaben, die alle dem „Unterschichtenmilieu“ entstammten. |
Um Januar 1618 München-Angerviertel * „Bärbl“ Schwerzin wird dem „Heiliggeist-Spital“ übergeben. „Das Costgelt trag die Stadtchammer“. |
1620
1620 München - Rom * Die nächste Reform der altbaierischen „Franziskaner-Konvente“ entspringt den kirchenpolitischen Vorstellungen des regierenden Herzogs Maximilian I.. Es geht dem die „Gegenreformation“ tragenden Herrscher um die innere Erneuerung der katholischen Kirche, damit sich diese erfolgreich gegenüber der lutherischen „Reformation“ behaupten und verloren gegangenes Terrain zumindestens teilweise zurückgewinnen kann. Er will Baiern zu einem gut verwalteten und modernen Zentralstaat ausbauen, der in alle Lebensbereiche seiner Untertanen eingreifen und diese beaufsichtigen soll. Dazu gehört auch die Übereinstimmung der kirchlichen und staatlichen Territorialgrenzen. Ein Hauptziel liegt dabei in der Abtrennung der altbaierischen „Franziskanerkonvente“ von der „Observatenprovinz Straßburg“, um so eine baierische - und damit unabhängige, aber staatstreue - „Franziskanerprovinz“ zu errichten. Zur Durchsetzung seiner Ziele besetzt Herzog Maximilian I. - obwohl keine besonderen Missstände im Münchner und den anderen baierischen „Franziskaner-Niederlassungen“ vorliegen - die Schlüsselpositionen und sogar halbe „Konvente“ mit italienischen „Riformati“, einer italienischen Reformgruppe innerhalb des Ordens, neu. Diese „Reformaten“ übernehmen als erstes und wichtigstes Kloster in Altbaiern den „Franziskaner-Konvent“ bei der „Münchner Residenz“. |
1622
Bis 1622 Herzogtum Baiern * Die anderen altbaierischen „Franziskaner-Klöster“ - in Landshut, Ingolstadt und Kelheim sowie die geistliche Leitung des „Klarissinnenklosters St. Jakob am Anger“ - werden von „Reformaten“ übernommen. Viele der alten „Observanten“ verlassen daraufhin die neue Provinz wegen des „welschen guberno“, also der Vorherrschaft ihrer italienischen Mitbrüder. |
1622 München * Herzog Maxililian I. veröffentlicht Mandate zu den Hexenprozessen. |
1625
1625 Rom-Vatikan - München * Papst Urban VIII. bestätigt die von Kurfürst Maximilian I. angestrebte selbstständige baierische „Franziskanerprovinz zum heiligen Antonius von Padua“. |
Ab 1625 Bamberg * Unter „Fürstbischof“ Johann Georg II. Fuchs von Dornheim sollen alleine zwischen 1625 und 1630 nicht weniger als 236 Menschen verbrannt worden sein. Insgesamt werden im „Fürstbistum Bamberg“ zwischen 1616 und 1630 mindestens 630 Menschen als vermeintliche „Hexen“ hingerichtet. |
1626
Ab 1626 Bamberg * Der Neffe des Bamberger „Fürstbischofs“ Johann Georg II. Fuchs von Dornheim, Philipp Adolf von Ehrenberg, ein „Eiferer“, weitet in den Jahren 1626 bis 1630 die „Hexenverfolgungen“ massiv aus. Dabei geraten - im Gegensatz zum üblichen Verlauf der Verfolgungen - zahlreiche Adelige und Bürger, aber auch „Ordensleute“ und sogar das „Verfolgungspersonal“ selbst in den Sog der „Trudenjagd“. Nach der Beendigung der „Hexenverfolgung“ durch eine Entscheidung des „Reichskammergerichts“ und dem Einmarsch der schwedischen Truppen sind in der Stadt Würzburg 220 Personen und im „Hochstift Würzburg“ über 900 Menschen als „Hexen“ erst geköpft und dann verbrannt worden. |
1626 München * Selbst unter den „Jesuiten“ gibt es erste Stimmen, die sich entschieden gegen die „Verfolgung der Hexen“ aussprechen. Dazu gehört der „Jesuitenpater“ Adam Tanner, der sich im dritten Band seines Werkes „Theologiae Scholasticae“ vehement gegen die Ansicht wehrt, dass Gott es zulassen würde, dass neben vielen „Schädlichen“ auch viele „Unschuldige“ sterben müssten. Tanner bejaht zwar die Existenz der „Hexen“, glaubt grundsätzlich an den „Teufelspakt“ und sieht in der „Hexerei“ ein „todeswürdiges Verbrechen“, dem der Prozess zu machen sei. Er verlangt aber auch, dass bis zum Beweis des Gegenteils von der „Unschuld der Angeklagten“ auszugehen sei. Seine Forderungen bringen dem „Jesuiten“ Adam Tanner mannigfache Anfeindungen ein. |
1627
1. März 1627 Eichstätt * Ursula Bonschab wird der Hexerei beschuldigt. Sie wurde aufgrund von 16 Denunziationen gefangen genommen und „gütlich und peinlich vernommen“. 20 Tage hält sie den Qualen einer extrem grausamen und sich immer steigernden Folterprozedur stand, erst dann ist die selbstbewusste Frau gebrochen. Sie gesteht schließlich alles, was man ihr vorsagt: „Wetterzauber, Kinderausgraben, Coitus mit dem ‚bösen Feind‘, Schadzauber mit Pulver und Salben an Menschen und Tieren“. Außerdem nennt sie noch 34 „Gespielinnen“, an denen sich die fürstbischöflichen Kommissare im Anschluss ebenfalls vergehen. |
8. Mai 1627 Eichstätt * Ursula Bonschab wird „von Rechts wegen“ als Hexe mit dem Schwert der Kopf abgeschlagen und ihr Körper anschließend auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das nicht unbeträchtliche Vermögen der Bürgermeisterin wird vom Fürstbischof Johann Christoph von Westerstetten, seinen Terrorkommissaren, Foltermeistern und Henkerknechten geraubt. |
1628
Ab 1628 Neuburg * Das Jahr ist von einer extrem kalten Witterung geprägt, die zu Ernteausfällen und „Pestepidemien“ führt. Im „Fürstentum Pfalz-Neuburg“ sterben zwischen 1628 und 1630 etwa achtzig der „Hexerei“ bezichtigte Personen, in Neuburg sind es 22. |
1629
Ab 1629 Wemding * Im „Kurfürstentum Baiern“ ist Wemding von 1629 bis 1630 erneut das Zentrum einer „Hexenverfolgung“. Die baierische Enklave liegt auf fränkischem Gebiet und ist umgeben von den Auswirkungen der dortigen „Hexenverfolgungen“. „Denunziation“ aus dem „Herzogtum Pfalz-Neuburg“ und der „Grafschaft Oettingen“ führen auch hier zu einer neuen Verfolgungswelle - trotz der gemachten schlechten Erfahrungen. Vierzig Personen werden Opfer des „Hexenwahns“. |
1629 Ingolstadt * Auch Ingolstadt bekommt einen Hexenprozess. Das Strafurteil fällt die Juristenfakultät der Universität Ingolstadt, die zwar im Allgemeinen milder urteilte, als es dem Herzog gefiel, dennoch einige Todesurteile fällte. Verurteilt wird die Hofschneiderin Catharina Nickhlin wegen „Teufelsbündnis, Teufelsvermischung, Absagung Gottes, Schädigung von Mensch und Vieh“ und wegen „Verunehrung der Hostien“. Catharina Nickhlin stammt aus Eichstätt und wird aus dem Kreis der dort wegen Hexerei verbrannten Frauen und Männer denunziert. Sie flieht nach Ingolstadt, wird aber dort auf Ersuchen der Eichstätter Behörden am 13. Februar 1629 verhaftet. Nachdem sich die Stadt Ingolstadt gegen den Hexen-Prozess wehrt, muss ein Dr. Wolfgang Kolb auf Befehl des Münchner Hofrats die Tortur durchführen. Dr. Kolb hat vorher schon als Hexen-Kommissar in Eichstätt gedient. |
6. Juli 1629 Ingolstadt * Die Juristenfakultät der Universität Ingolstadt stellt das Todesurteil gegen Catharina Nickhlin aus, nachdem der Hofrat zuvor die Hinrichtung durch Verbrennen befohlen hat. Dr. Kolb exekutiert in Wallerstein zwischen 1628 und 1630 zwanzig Hexen, in Wemding ist er im Jahr 1629 für die Hinrichtung der ersten neun Delinquenten verantwortlich. Den „Erfolg“ von Dr. Wolfgang Kolb führt man auf die Einführung einer neuen Foltermethode zurück: auf den „Bock“, den er erstmals im Kurfürstentum Baiern anwendet. |
1631
12. Januar 1631 München * Durch ein weiteres Hexen-Mandat wird den Hexen Begnadigung zugesagt, wenn sie sich freiwillig stellen. |
Mai 1631 München * Die Schrift „Cautio Criminalis“ des „Jesuitenpaters“ Friedrich Spee erscheint, in der er sich - erstmals im katholischen Bereich - kritisch mit der Anwendung der „Folter“ und den „Hexen-Verfolgungen“ auseinander setzt. Die Schrift muss „anonym“ erscheinen. Der „Jesuitenpater“ Friedrich Spee hatte während seiner Aufenthalte in den Zentren der „Hexenverfolgung“ in Köln, Trier, Würzburg, Mainz, Speyer und Paderborn „Hexenprozesse“ verfolgt und kam dabei zur Überzeugung, dass die „Folter“ nicht zur „Wahrheitsfindung“ geeignet sei. Das verstößt freilich gegen die damalige „Rechtsauffassung“, denn daraus lässt sich ableiten, dass die verdächtigten Frauen - trotz ihrer Geständnisse unter der „Tortur“ - unschuldig sind. Innerhalb der „Gesellschaft Jesu“ bleibt die Autorenschaft des „Paters“ Friedrich Spee nicht verborgen. |
1641
1641 Straubing * Im „Rentamt Straubing“ gibt es Ermittlungen wegen des Auftauchens von „Werwölfen“ im „Baierischen Wald“. Dort hat sich in der Zeit des Krieges „allerhandt zauberische abergläubische Khünstten und sonderlich zwar das Paizen (wodurch Vich und Leithen an Leib und Leben khan Schaden zuegefüegt werden) so starkh eingerissen und überhandt genommen, das der gemaine ainfeltige Burger und Baursmann in die Gedankhen gleichsamb gerathen, er sich beregter abergläubischer Khünsten ohne Sindt und befahrende Bestraffung gebrauchen und bedienen khönne“. Um die Verdächtigten verhaften zu können, wird ein eigenes „Gefängnis“ erbaut. |
1642
8. September 1642 Würzburg * Johann Philipp von Schönborn untersagt nach seinem Amtsantritt die Hexenverfolgungen gänzlich. |
1643
Ab 1643 Rain am Lech * Im Kurfürstentum Baiern kam es unter der Regierung Maximilians I. in den Jahren 1643/44 zum letzten größeren „Hexenprozess“ in Rain am Lech, der die ungeheuerliche Summe von 3.141 Gulden verschlingt. Die immensen Kosten, die auch aus den Hinterlassenschaften der „Hexen“ nicht finanziert werden können, lassen den „Hofrat“ von weiteren „Hexen-Verfolgungen“ Abstand nehmen. Der Tatbestand der „Hexerei“ reicht alleine nicht mehr zur Rechtfertigung eines „Todesurteils“ aus. |
1665
1665 München * Das „Baierische Mandat gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“ wird durch Kurfürst Ferdinand Maria erneuert. Es handelt sich dabei um eine fast wörtliche Wiederholung des Textes aus dem Jahr 1611. |
1675
Ab 1675 Salzburg * Im „Fürstbistum Salzburg“ wird in den Jahren von 1675 bis 1690 der „Zauberer-Jackl-Prozess“ durchgeführt. Er betrifft vor allem umherziehende „Bettler- und Vagantenkinder“ aus der Bande des nie gefassten „Zauberer-Jackls“. 90 Prozent der hingerichteten Kinder und Jugendlichen, die überwiegend unter 21 Jahre alt sind - das jüngste ist 11Jahre - sind männlich und stammen fast durchweg aus den „unteren sozialen Schichten“. Auf Unterstützung aus der bäuerlichen Bevölkerung können sie nicht hoffen, im Gegenteil: |
1682
1682 München-Graggenau * Nach einem „Friedhofsplan“ fasst der „Franziskanerfriedhof“ 451 Grabstellen. |
1690
Um 1690 Berg am Laim * Zu den bedeutendsten Vertretern der „Franziskaner“ gehört der aus Neustadt an der Donau stammende Fortunatus Hueber, ein wortgewaltiger, hochgebildeter und erfahrener Ordensmann und Prediger, der in mehrere hohe Ämter berufen wird. Ihn erwählt der 22-jährige Kölner Erzbischof und Kurfürst Joseph Clemens für die Organisation, Werbung und Betreuung der von ihm am 8. Mai beziehungsweise am 29. September 1693 gegründeten „Michaels-Bruderschaft“ und des „Michaels-Ritterordens“. |
1696
1696 Berg am Laim * Der angesehene „Franziskaner-Pater“ Fortunatus Hueber übernimmt die Funktion des „Präses der Michaels-Bruderschaft“, verfasst das „Bruderschaftsbüchlein“ und schafft es, dass sich die „Michaels-Bruderschaft“ so schnell ausbreiten kann, dass ihr anno 1696 bereits 60.000 Menschen angehörten. Der „Franziskaner-Ordensmann“ erzählt dabei so eindringlich von seiner Errettung durch den „Erzengel Michael“ aus türkischer Gefangenschaft im Jahr 1687 und dass ihn - zwei Tage vor der Gründung der „Bruderschaft“ - der „heilige Michael“ im Traum erschien und ihn von den seine Person bedrängenden bösen Geister befreite. „Fürstbischof“ Joseph Clemens will ursprünglich zwölf Pater an die „Josephsburg“ setzen und dort ein „Hospitium“ zur Besorgung der „Bruderschaft“ bauen lassen. |
1701
Bis zum Jahr 1701 München * In München geraten bis zum Jahr 1701 noch mindestens einhundert Personen in den Verdacht der „Hexerei“. Mindestens 55 von ihnen erhalten Strafen, die unterhalb der „Todesstrafe“ lagen, hingerichtet werden etwas mehr als zehn. |
17. September 1701 München * Die 17-jährige Wachtmeisterstocher Maria Theresia Käser aus Pfaffenhofen als Hexe auf der Richtstatt enthauptet und ihr geschundener Körper anschließend verbrannt. Maria Käser wird früh elternlos und ist auf Betteln und Stehlen angewiesen. Das armselige und heruntergekommene Mädchen ist aufgrund ihrer niedrigen sozialen Stellung zur Hexe geradezu geboren. Die junge Frau wird von einem verschmähten Liebhaber der Hexerei bezichtigt. Unter der Folter gesteht sie, am Hexensabbat teilgenommen, sich dem Teufel mit „Leib und Seele“ ergeben sowie ihr Amulett und einen geweihten Gürtel mit Füßen getreten zu haben. |
1705
Ab 1705 München-Graggenau * Nach der Niederlage des Kurfürsten Max Emanuel im „Spanischen Erbfolgekrieg“ findet der „wittelsbachische Hausschatz“ in der Zeit von 1705 bis 1715 ein sicheres Versteck bei den „Franziskanern“. |
1714
Ab 1714 München * Die neue „Franziskaner-Provinz“ kann sich aufgrund der Rahmenbedingungen günstig entfalten und erreicht ihre höchste Blüte in den Jahren von 1714 bis 1738. |
1715
1715 Freising * Der große baierischen „Kinderhexenprozess“ geht in Freising, in zwei Teilen vonstatten. Die „Bettelkinder“ Andre, genannt der „Drudenfanger“, und Lorenz werden unter der Beschuldigung, „Ferkel und Mäuse“ hergezaubert zu haben, verhaftet. |
1717
1717 Freising * Der der „Hexerei“ beschuldigte Andre erhängt sich in seiner Zelle. Ein weiterer Junge stirbt in der Zelle. |
12. November 1717<p><strong><em>Freising</em></strong> * Drei Jungen, die in der Bischofsstadt Freising der Hexerei beschuldigt werden, werden mit Schwert und Feuer hingerichtet, zwei andere Buben müssen dabei zusehen. </p> |
1721
1721 Freising * Der Jugendliche Veit Adlwart kommt unter „Diebstahlsverdacht“ in Gewahrsam. Kurzfristig wandelt man die Anklage von „Diebstahl“ in „Hexerei“ um. Im weiteren Verlauf verhaften die Freisinger Behörden über 100 Personen, von denen die meisten jedoch wieder frei kommen. |
1721 München * In München lodert das letzte „Hexenfeuer“. Die Tochter des „Hofstallknechts“ Dellinger wird erwürgt, bevor man ihren leblosen Körper dem Feuer übergibt. Der „Geschichtsschreiber“ Andreas Felix Oefele bezeichnet sie als „ein elendes Mädchen, schwach und seiner Sinne nicht mächtig“. |
1723
Bis zum Jahr 1723 Freising * Zwischen 1721 und 1723 werden acht Burschen und junge Männer im Alter zwischen 14 und 23 Jahren und drei „Bettlerinnen“ mittleren Alters in Freising hingerichtet. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zenit der „Hexen-Verfolgungen“ allerdings längst überschritten. |
1733
Ab 1733 München-Graggenau * Der „Generalfeldzeugmeister“, „Konferenzminister“ und enge Vertraute des Kurfürsten Carl Albrecht, Graf Ignaz Felix Joseph von Toerring-Jettenbach, erwirbt den Bauplatz in der heutigen Residenzstraße 2 für sein „Palais“. Zwar liefert François Cuvilliés für die Adels-Nobelunterkunft die modernsten Pläne, doch der Stararchitekt ist gerade beim neuen Kurfürsten Max III. Joseph in Ungnade gefallen. Und so erhält der städtische „Oberbaumeister“ Ignaz Anton Gunetzrhainer den Auftrag. |
1746
1746 München * Das „Baierische Mandat gegen Aberglauben, Zauberei, Hexerei und andere sträfliche Teufelskünste“ wird durch Kurfürst Max III. Joseph erneuert. Es handelt sich dabei um eine fast wörtliche Wiederholung des Textes aus dem Jahr 1611 beziehungsweise 1665. |
1747
13. Mai 1747 München-Graggenau * Der Grundstein für das Palais Toerring-Jettenbach in der heutigen Residenzstraße 2 wird gelegt. Der Rokoko-Adelspalast entsteht in den Jahren von 1747 bis 1756 auf den Grundflächen einer ganzen Reihe von Häusern. Bauherr ist der 65jährige Graf Ignaz Felix Joseph von Toerring-Jettenbach, der während seiner Auslandsaufenthalte die fremden Höfe und Adelspaläste begutachtet und so ganz nebenbei mit den bekanntesten Architekten Kontakt aufnehmen kann. Der Graf nimmt schon während der Planungsphase und auch bei der Bauausführung regen Anteil und lässt sich selbst jede kleinste Kleinigkeit zur Genehmigung vorlegen. |
1750
Um 1750 Kurfürstentum Baiern * In Kurbaiern gibt es 25 „Franziskaner-Konvente“, neun „Hospize“ und drei „Residenzen“, worunter man kleine Niederlassungen verstand. Der Personalbestand liegt bei 700 „Patres“, 100 „Kleriker“ und 200 „Laienbrüder“. Dazu sind der „Provinz“ noch etwa 300 Nonnen - „Klarissen“ und „Tertianerinnen“ - unterstellt. |
1750 Mühldorf * In Mühldorf am Inn, das zu diesem Zeitpunk zum „Fürstbistum Salzburg“ gehört, wird der 16-jährigen Maria Pauer der Prozess wegen „Schadenszauber“ gemacht. Im Mühldorfer „Hexenkammerl“ hält man sie monatelang wie ein Tier gefangen. Maria Pauer müsste die letzte „Hexenverbrennung“ auf bayerischem Boden gewesen sein. |
1751
1751 München-Graggenau * Das „Palais Toerring-Jettenbach“ in der heutigen Residenzstraße 2 ist unter Dach. Das elf Fenster breite Gebäude mit seinem vorgebuchteten Mitteltrakt unterscheidet sich durch seine eher zurückhaltend gestaltete Rokokofassade von den älteren Münchner Adelspalästen. Mit den Stuckarbeiten ist Johann Baptist Zimmermann betraut worden. Die Innenausstattung übernimmt Johann Baptist Gunetzrhainer. Die Baurechnungen belaufen sich auf 55.170 Gulden, wobei die Gesamtkosten sicherlich wesentlich höher sind. |
1751 München * Im „Kriminalrecht“ des Freiherrn Wiguläus von Kreittmayrs steht auf „Ketzerei, Zauberei und Hexerei“ noch der „Feuertod“. |
1751 München * Das Strafgesetzbuch bestimmt: „Bündnisse und fleischliche Vermischung mit dem Teufel oder dessen Anbetung und Verunehrung der Hostien werden mit lebendiger Verbrennung bestraft“. |
11. März 1751 Berg am Laim * Joseph Clemens’ Nachfolger und Neffe, Kurfürst Clemens August von Köln, plant mit dem Neubau der Berg am Laimer Michaelskirche gleichzeitig die Errichtung eines Exerzitienhauses für die Franziskaner. Auch hier gibt es Widerstände des Ortspfarrers von Baumkirchen, die den Pfarrer einsetzenden St.-Veit-Chorherren in Freising und des Freisinger Ordinariats, an dessen Spitze Bischof Johann Theodor, ein Bruder Clemens Augusts. Auch der andere Bruder, Baierns Kurfürst Carl Albrecht, will diese Aufgabe lieber von den Jesuiten als von den Franziskanern ausgeführt sehen, weshalb noch nach seinem Tod die Kaiserin-Witwe Maria Amalia die in Berg am Laim gelegene Josephsburg - im Geheimen und ohne den Kölner Bischof in die Entscheidung einzubeziehen - den Jesuiten übertragen will. Nach langem Hickhack kommen drei Franziskaner doch noch nach Berg am Laim. Am 11. März 1751 wird das Hospiz in Anwesenheit von drei Wittelsbachern - dem kurkölnischen Fürstbischof Clemens August, dem Freisinger Bischof Johann Theodor und dem neuen baierischen Kurfürsten Max III. Joseph - eingeweiht. Clemens August hatte zuvor schriftlich zu bestätigen, dass die „Franziskaner nirgends betteln, noch den Pfarrern die Messen wegnehmen und den pfarrlichen Funktionen Eintrag tun“. |
1753
1753 München * Bis zum letzten „Hexenprozess“ müssen sich seit dem Jahr 1701 noch weitere 17 Personen vor Gericht verantworten. |
26. März 1753 Woburn * Benjamin Thompson, der spätere Graf Rumford, wird in Woburn, einer kleinen Stadt im Staate Messachusetts im Nordosten der USA, in der Nähe von Boston, als Sohn eines Farmers geboren. |
1766
13. Oktober 1766 München * Der Theatiner-Pater Don Ferdinand von Sterzinger hält eine Rede gegen den Hexenwahn. Sein Vortrag befasst sich mit „dem gemeinen Vorurteil der wirkenden und tätigen Hexen“. Er geht als Vertreter der Aufklärung gegen Aberglauben und Unwissenheit vor. Seine Schriften gegen Hexen sowie das Zauber- und Gespensterwesen bringen ihm grenzüberschreitende Achtung und Anerkennung ein. Der Theatinerpater bricht damit eine langwierige Diskussion vom Zaun, die als Baierischer Hexenkrieg bekannt wird. Im weiteren Verlauf streitet man in 28 Streitschriften um das Für und Wider. Als besondere Gegner des Theatinerpaters offenbaren sich die Benediktiner von Scheyern, deren Kreuzreliquie angeblich gegen Verhexung wirksam ist und die in der Demontage des Zauberei-Tatbestands ihr Geschäft mit den von ihnen vertriebenen heiligen Gegenständen gefährdet sehen. Doch Dank der Stellungnahme der Akademie der Wissenschaften kommt es in Churbaiern zu keinen Hexenverfolgungen mehr. Auch in anderen süddeutschen Territorien erlahmen schließlich die Hexenverfolgungen. |
1773
1773 München-Graggenau * Der vor dem „Klostergebäude“ und seitlich der „Franziskanerkirche“ befindliche „Franziskaner-Friedhof“ wird gesperrt. |
1775
1775 München-Graggenau - München-Isarvorstadt * Der „Friedhof des Franziskanerklosters“ wird lange vor dem „Specialreskript“ von Kurfürst Carl Theodor aus dem Jahr 1788, das die Auflösung aller innerstädtischen Friedhöfe vorschreibt, geschlossen. Die Gebeine der Verstorbenen bringt man auf den neuen „Gesamtfriedhof“, der weit vor den Toren der Stadt liegt, dem „Südlichen Friedhof“ an der Thalkirchner Straße. |
4. April 1775<p><em><strong>Kempten</strong></em> * Die zum Tode mit dem Schwert wegen <em>„Schadenszauber und Teufelsbuhlschaft“</em> verurteilte Hausmagd Anna Maria Schweglin aus Kempten soll hingerichtet werden. Sie gilt als die letzte hingerichtete bayerische Hexe. Doch sie stirbt - wie man erst 1995 entdeckt - anno 1781 im Gefängnis. </p> |
1776
1776 München-Graggenau * Der „Franziskaner-Friedhof“ wird eingeebnet. Dieser Friedhof, auf den sich auch Bürger und Adelige begraben lassen konnten, stellte ein außergewöhnliches Privileg der „Patres“ dar. Für die Klosterangehörigen stehen eigene Grüfte zur Verfügung. |
1780
Um 1780 München-Kreuzviertel * Der heutige „Promenadeplatz“ dient als „Exerzier- und Paradeplatz“. |
1781
1781 Kempten * Die „Hausmagd“ Anna Maria Schweglin aus Kempten, die 1775 zum „Tode mit dem Schwert“ wegen „Schadenszauber und Teufelsbuhlschaft“ verurteilt wurde, stirbt im Gefängnis. Sie gilt als die letzte hingerichtete bayerische „Hexe“. |
1782
1782 Glarus * Im evangelischen Glarus in der Schweiz wird die „pflichttreue Dienstmagd“ Anna Göldi als letzte „Hexe“ auf dem Boden des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ hingerichtet. |
1792
1792 München-Graggenau * Ungeachtet ihrer Loyalität gegenüber dem „Hause Wittelsbach“ hat die „kurfürstliche Hofbauintendanz“ den Abbruch des „Franziskaner-Klosters“ für den Bau eines neuen „Theaters“ ins Auge gefasst. |
1801
1801 München-Kreuzviertel - Au * Minister Maximilian Joseph von Montgelas plant die Verlegung der Münchner „Franziskaner“ in die „Vorstadt Au“. |
1802
1802 München-Lehel * Die heutige „Praterinsel“ ist vor der „Säkularisation“ der „Erholungsplatz der Franziskaner“, nachdem diese in ihrem Kloster für eine Stätte der Einkehr und Besinnung keinen ausreichenden Platz gefunden haben. Mit der „Säkularisation“ kommt die Insel in das Eigentum des Staates. |
25. Januar 1802 Kurfürstentum Baiern * Das kurfürstliche Dekret zur Aufhebung der Bettelordensklöster in Baiern beginnt mit der Feststellung,
In Altbaiern sind davon einundneunzig derartige kirchliche Einrichtungen betroffen. In München sind folgende Bettelorden betroffen: Kapuziner, Franziskaner, Karmeliten, Karmelitinnen, die Benediktinerinnen am Lilienberg , die Paulanerinnen im Lilienthal und das Pütrichkloster. Zur zweckmäßigen Einrichtung der Bürger- und Landschulen wird ein Schulfonds eingerichtet, der aus dem Vermögen der aufgehobenen Orden gebildet wird, da es an anderweitigen staatlichen Mitteln mangelt. Zur sofortigen Verminderung der Insassen werden
Als Unterhalt für die Franziskaner setzt man, da ihnen das Almosensammeln verboten worden ist, jährlich 125 Gulden fest, zahlbar aus dem Vermögensfonds der nichtständischen Klöster.
Ausgenommen vom kurfürstlichen Aufhebungs-Dekret der Bettelordensklöster sind - aufgrund ihrer Tätigkeit in der Krankenpflege beziehungsweise im Schulwesen - die Klöster der Barmherzigen Brüder sowie der Englischen Fräulein und der Elisabethinerinnen. Das Kloster der Ursulinen in München wird mit den Nonnen de Notre Dame in Nymphenburg vereinigt. In der Haupt- und Residenzstadt München gibt es nur ein ständisches Kloster: das Klarissen-Kloster zu Sankt Jakob am Anger. |
17. Februar 1802 München-Graggenau * Graf Philipp von Arco wird zum lokalen Aufhebungskommissar für die Franziskaner bestimmt. |
25. Februar 1802 München-Graggenau * Aufhebungskommissar Graf Philipp von Arco ist mit der Auflösung des ältesten Mönchskonvents der Stadt beauftragt worden. Ein genaues Inventar des Franziskaner-Klosters ergibt ein recht bescheidenes Kapitalvermögen. Umfangreich war hingegen der Bestand an Kunstwerken zur Ausstattung der Kirchen mit nicht weniger als fünfundzwanzig Altären. Die Aufnahme des Personalbestandes ergibt,
Die Ordensmänner wissen zwar, dass ihr Kloster aufgehoben wird, darüber hinaus sind ihnen aber weder der genaue Zeitpunkt noch die besonderen Umstände mitgeteilt worden. |
25. Februar 1802 München-Graggenau * Es ergeht eine weitere wichtige Instruktion zur Klosteraufhebung. Sie ist unmittelbar für das Franziskanerkloster St. Anton in München bestimmt, wird aber richtungweisend für die tatsächliche Durchführung der Klosteraufhebungen. Sofort nach Erhalt der Instruktion muss sich Graf Arco in das Kloster begeben, das Bargeld zählen und das übrige Klostervermögen feststellen. Anschließend haben sich alle Klostermitglieder im Refektorium zu versammeln, wo ihre Personalien, Beschäftigungen und besonderen Einsätze schriftlich festgehalten werden. Bei diesem überfallartigen Vorgehen geht es um Geld und sonstiges für die Staatskasse interessantes Vermögen und um weitere Einsparungen für den Staat. Dem Kommissar ist eingeschärft worden, „diesen Auftrag in der vorgeschriebenen Ordnung mit allem Eifer, Schnelligkeit und der Sache angemessenen Anstand in Vollzug zu bringen“. Die Ergebnisse gehen an die Spezial-Klosterkommission. Der weitere Inhalt der Instruktion lautet kurz gefasst:
Alle inländischen Laienbrüder, die in das bürgerliche Leben zurückkehren wollen, erhalten zum Auszug 25 Gulden und die nötigen Kleider.
Die kurfürstliche Verordnung gibt auch Anweisung über den möglichen Rücktritt von Priestermönchen der Mendikantenorden in den Weltpriesterstand.
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26. Februar 1802 Hofmark Berg am Laim * Die seit dem Jahr 1693 bestehende Zusammenarbeit zwischen der Michaels-Bruderschaft und dem Franziskaner-Orden dauerte bis zur Klosteraufhebung im Rahmen der Säkularisation an. Bis diese staatlich verordnete Zwangsmaßnahme eintritt, verrichten die Münchner Franziskaner zum heiligen Antonius von Padua den Gottesdienst und die Seelsorge in den franziskanischen Frauenklöstern der Stadt und leiteten auch deren Wirtschaftsbetriebe. Bei den etwa sechzig Klarissen zu Sankt Jakob am Anger besitzen die Mönche eine ständige Niederlassung. Dieses Hospiz wird zumeist von zwei Patres und einigen Brüdern bewohnt. |
3. März 1802 München-Graggenau * Nachmittags um 16 Uhr erscheint Generallandesdirektionsrat Freiherr von Leyden mit einigen Amtspersonen im Franziskanerkloster und lässt alle Insassen ins Refektorium rufen. Dort teilt er den Ordensmännern mit, dass der Abtransport nach Ingolstadt unter den Bedingungen der „kurfürstlichen Instruktion“ am „kommenden Morgen um 3 Uhr, längstens 4 Uhr“, zu erfolgen hat. Freiherr von Leyden hat die Weisung erhalten, dafür zu sorgen, dass „die hier bleibenden Individuen“ im Kloster verbleiben und nicht durch ihr „Ausgehen in die Stadt dem neugierigen Volke zu vielem Geschwätz Veranlassung“ geben. |
4. März 1802 München-Graggenau * Die Franziskaner-Patres treten - „ohne das geringste Hindernis“ - ihre Reise nach Ingolstadt an, wo das ehemalige Augustinerkloster für die Franziskaner als Aussterbekonvent bestimmt worden ist. In ihren Händen befindet sich der größte Schatz der Mönche, das Reliquiar des heiligen Antonius von Padua. In Pfaffenhofen nehmen die Ordensmänner bei den dortigen Franziskanern das Mittagessen ein. Ohne Aufsehen zu erregen, haben sie „sofort nach eingenommenen Mittagsmahl die Reise ohne Aufschub weiter nach Ingolstadt fortzusetzen“. |
Bis zum 20. März 1802<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Auch die letzten Franziskaner haben das Münchener Kloster verlassen.</p> |
November 1802 München-Graggenau * Die Gebäude des „Franziskanerklosters“ werden an die Meistbietenden „auf Abbruch“ versteigert. Die „Franziskanerkirche“ erwirbt der „Hutmacher“ Johann Giglberger um 1.152 Gulden zur sofortigen „Demolierung“. |
November 1802 München-Graggenau * Mit dem Abbruch der „Franziskaner-Klostergebäude“ verschwindet auch der Friedhof mit seinen Gruftkapellen und den Gräbern zahlreicher Persönlichkeiten. Einige Grabplatten werden vorsorglich als historische Monumente an die „Frauenkirche“ übergeben. Das Epitaph des im Jahr 1594 verstorbenen Renaissancekomponisten Orlando di Lasso befindet sich im „Nationalmuseum“, den Schädel des Wilhelm von Occam erhielt die „Bayerische Akademie der Wissenschaften“. Und noch beim Bau der Tiefgarage auf dem „Max-Joseph-Platz“ beförderten die Bagger eine große Zahl von Knochen zutage. |
18. Dezember 1802 München-Graggenau * 19 der vierzig Nonnen aus dem Pütrich-Kloster und ihr Beichtvater begeben sich auf ihre Reise nach Reutberg. |
29. Dezember 1802 München-Graggenau * Die restlichen 21 Pütrich-Nonnen verlassen München in Richtung Reutberg. |
1804
21. Juli 1804 München-Kreuzviertel - München-Graggenau * In einem kurfürstliches Reskript an die Oberbaierische Militär-Inspektion“heißt es:
Das Franziskanerkloster ist inzwischen abgerissen und der dazugehörige Friedhof eingeebnet worden. Der dadurch entstandene große Raum erhält bald darauf die Bezeichnung Max-Joseph-Platz. Über den Gräbern des Franziskanerfriedhofs stampfen seither Soldatenstiefel, vor allem aus der Kosttor-Kaserne und der Kreuzkaserne. Bis zum Frühjahr 1826 dient der heutige Max-Joseph-Platz als Exerzierplatz der Münchner Garnison, um sich auf einen potenziellen Einsatz sorgfältig vorbereiten zu können. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt es keine militäreigenen großen Truppenübungsplätze. Die eigentliche Truppenausbildung muss daher auf den Kasernenhöfen und auf Exerzierplätzen stattfinden. |
1805
1805 München * Im Zuge der bevorstehenden Auflösung des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ - ist Kurfürst Max IV. Joseph fest entschlossen, die „Post“ künftig als Staatsaufgabe selbst zu übernehmen. Bestärkt wird der Wittelsbacher vom „Generallandesdirektor“ Joseph Maria von Weichs, der ihm den Rat gibt, „daß der gegenwärtige Zeitpunkt der schicklichste sey, das Postregal [der Thurn und Taxis] einzuziehen und unter landesherrlicher Verwaltung auszuüben“. |
1806
7. Juli 1806 München * Die Tortur wird im Königreich Baiern abgeschafft. |
1808
Februar 1808 München - Regensburg * Gemeinsam mit seinem „Minister“ Maximilian Joseph von Montgelas verfasst König Max I. Joseph einen Brief, in dem er der fürstlichen Familie Thurn und Taxis das „Erbpostgeneralat“ für Baiern entzieht und ihr weiter mitteilt, dass künftig das „Königreich Baiern“ die „Post“ in eigener Regie übernehmen wird. |
1. März 1808 München - Regensburg * Minister Montgelas hat ausreichend belastendes Material gegen die Thurn und Taxis gesammelt und kann nun König Max I. Joseph handfeste Beweise auf den Tisch legen. Demnach öffnen und lesen die Thurn und Taxis in ihren „Schwarzen Kabinetten“ heimlich die ihnen anvertrauten Briefe. Das Material ist so erdrückend, dass man sich in Regensburg keine Mühe zur Entgegnung macht. Der Taxische Beamte Alexander von Vrints gibt alles zu und räumt ein, dass dies seit hundert Jahren bei den Taxis übliche Praxis sei. Mit der Verordnung über die Einrichtung einer „General-Direktion der Königlichen Posten“ wird in Baiern die „Thurn und Taxischen Reichsposten“ beseitigt. Man unterstellt die Post dem Ministerium des Königlichen Hauses und des Äußeren. Mathilde Therese, die Ehefrau des Fürsten Carl Alexander von Thurn und Taxis und Nichte von Max I. Joseph, erreicht noch, dass sie als Ablösesumme Teile des ehemaligen Regensburger Hochstifts erhält, nämlich Wörth, Donaustauf und Wiesent. Außerdem bekommt das Haus Thurn und Taxis 60.000 Gulden und die Würde eines baierischen Reichsoberpostmeisters mit der Funktion „der Oberaufsicht bei feierlichen Zügen und Auffahrten“ und die Befugnis, bei hochoffiziellen Anlässen den Reichsapfel zu tragen. |
1810
1810 München-Lehel * Als Anton Gruber, ein Münchner Gastwirt und „Schnürrleibmacher“ erfährt, dass die „Isarinsel“ zu kaufen sei, kratzt er seine Reserven zusammen, nimmt einen Kredit auf und erwirbt das Eiland um 1.033 Gulden. Von der „Polizey-Direktion“ erhält er die Konzession zum Bierausschank. Nun baut er einige Holzhütten, nennt den Platz „Zum lustigen Dörflein“ und verabreicht während der Sommermonate „frisches Bier und Bratwürst“. Der Zuspruch der Münchner ist bald so groß, dass Anton Gruber seine „Insel-Gaststätte“ das ganze Jahr bewirtschaftet. |
3. November 1810 München * Eine Verordnung über die neuen Posttarife bringt keine wesentlichen Fortschritte gegenüber dem alten System. Die Berechnung der Brieftaxe erfolgt nach dem Gewicht des Briefes und der Entfernung des Bestimmungsortes. Der billigste Brief kostet drei Kreuzer. Er darf nicht mehr wiegen als ein halbes baierisches Lot [8,75 Gramm] und der Bestimmungsort darf nicht weiter als sechs Meilen entfernt sein. Für den Briefe schreibenden „Untertanen“ bedeutet die Übernahme der Posthoheit durch die souverän gewordenen Einzelstaaten einen Rückschritt gegenüber dem unter dem Schutz des Reiches entwickelten europäischen System der Thurn und Taxis, da es auf der Grundfläche des aufgelösten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nun nicht weniger als 43 verschiedene Postanstalten gibt. Da auch auf dem Wiener Kongress nichts für die Wiederherstellung der Posteinheit und die Verbesserung der Postbedingungen unternommen worden war, muss jedes Land seine Postangelegenheiten in eigener Zuständigkeit ordnen. Den Vorschlag Bayerns, zumindest das Portosystem für das Gebiet des Deutschen Bundes zu vereinheitlichen und das Porto - nach baierischem Muster - zu verbilligen, lehnen die anderen Länder aber kategorisch ab. Im Königreich Baiern, in dem zahlreiche fränkische und schwäbische ehemalige reichsunmittelbare Gebiete aufgegangen sind, kommt der Post eine wichtige Rolle bei der Aufgabe zu, die neubayerische Bevölkerung zu integrieren. Ein funktionierendes Post- und Verkehrswesen ist dabei ein wichtiges Mittel der bayerischen Regierungspolitik. Es sollen damit die Vorteile des neuen und größeren Wirtschaftsraumes demonstriert werden und den vom neuen Staatsverband eher weniger begeisterten Neubürgern das Königreich attraktiver machen. |
1813
1813 München-Lehel * Nachdem Anton Gruber ein „Caroussel“ und eine Schaukel aufstellt, wird aus dem „Lustigen Dörferl“ der „Prater“. Der Gastwirt ist ein Vollprofi in Sachen „Volksbelustigung“. |
30. März 1813<p><strong><em>Burk</em></strong> * Georg Christian Friedrich Bürklein wird in Burk bei Ansbach in Mittelfranken geboren. Er ist der erste Sohn eines Lehrerehepaares. Den ersten Unterricht erhält der Friedrich genannte Knabe von seinem Vater. Ab dem Alter von dreizehn Jahren interessiert sich Friedrich für Architektur. Seine Wahl wird durch sein Zeichentalent unterstützt.</p> |
1815
1815 München-Graggenau * Mit dem Eintreten der Friedenszeit sinkt auch das Verständnis der Anwohner des „Max-Joseph-Platzes“ für die Belange des Militärs deutlich. |
1815 München * Im „Strafrecht“ von Feuerbach sind „Ketzerei, Zauberei und Hexerei“ nicht mehr als strafbare Tatbestände zu finden. |
1818
1818 München-Maxvorstadt * Die Planungen zur Einrichtung einer „Erzgießerei“ in München stimmt Kronprinz Ludwig I. mit dem Architekten Leo von Klenze ab. |
26. Mai 1818 München * Seit der Verfassung vom 26. Mai 1818 sind im Königreich Baiern Fragen der Post nicht mehr alleine Angelegenheit des Landesherrn und seiner Regierung. Die Ständeversammlung hat das Recht über die Staatsausgaben und damit auch über die Post mitzubestimmen. Zu den bevorzugt diskutierten Themen in der Ständeversammlung gehört unter anderem die Frage, ob die Post, als Öffentliche Anstalt die Bedürfnisse der Öffentlichkeit zu befriedigen hat oder ob sie vorwiegend Geld in die immer leeren Staatskassen bringen soll. Immer wieder prangern die Abgeordneten
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Oktober 1818 München-Theresienwiese * Anton Gruber, der Wirt von der „Praterinsel“, erhält für fünf Jahre die Konzession für ein besonderes Publikumsvergnügen. Auf der „Theresienhöhe“, also nicht auf dem „Festplatz“, betreibt er ein „Carussel“, eine „teutsche Schauckel“, wohl eine normale Schwingschaukel, eine „russische Schauckel“, ein Vorläufer des heutigen Riesenrads in bescheidener Größe, ein und eine „Taubenscheibe“, mit einer aufgehängten Holztaube als Zielwurfobjekt. Zugleich darf er Speisen und Getränke anbieten. |
1820
26. März 1820<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Der Magistrat der Haupt- und Residenzstadt München beschließt, König Max I. Joseph ein Denkmal zu setzen. Anlass ist der bevorstehende zweite Jahrestag der Bayerischen Verfassung. Der König soll als <em>„Vater des Vaterlandes“</em> und als <em>„Friedensfürst“ </em>dargestellt werden.</p> <p>Zur Aufbringung der Kosten richtet man eine Subskription ein, eine für die damalige Zeit durchaus übliche Vorgehensweise. An vielen Orten in Deutschland und ganz Europa konstituieren sich im 19. Jahrhundert solche Kommissionen, deren Bestreben es ist, für eine zu ehrende Person - häufig sind es allerdings bürgerliche Größen der Geistes- und Kulturgeschichte - ein Denkmal zu errichten. Sie fungieren als unermüdliche Geldbeschaffer, Ausarbeiter eines Programms und Auftraggeber für einen Künstler.</p> |
30. Mai 1820 München-Graggenau * Die künstlerische Konzeption des Max-Joseph-Denkmals liegt von Anfang an bei Kronprinz Ludwig I. und Leo von Klenze, der ein Brunnenmonument auf dem Max-Joseph-Platz vorschlägt. Das steht wiederum in einem engen Zusammenhang mit einem groß angelegten Wasserleitungs- und Brunnenprogramm, das für die Stadt eingerichtet werden soll und ihr Vorbild in dem napoleonischen Brunnenprogramm für Paris hat. |
31. Mai 1820 München-Graggenau * Drei Hausbesitzer beschweren sich bei der Kgl. Polizeidirektion München über das Exerzieren der Artillerie auf dem Max-Joseph-Platz, da wegen des „quälenden Geschreies der Soldaten“ schon einige gute Mieter gekündigt haben. |
16. Juni 1820 München * Kronprinz Ludwig I. schreibt an den Architekten Leo von Klenze: „Wie viele Erzarbeiten habe ich nicht vor!“ Und weiter: das geplante Denkmal für seinen Vater „möge das beste seyn, u. das wirksamste Mittel die Errichtung der Erzgießerei zu befördern.“ |
1821
1821 München-Graggenau * Auch nach dem Bau des neuen „Hof- und Nationaltheaters“ bleibt der „Max-Joseph-Platz“ groß genug für Exerzierübungen. Ein Antrag des „Generalkommandos München“, „die öde Fläche in einen regulären Exerzierplatz umzugestalten“, wird abgelehnt. |
1823
14. Januar 1823 München-Graggenau * Der Brand des Hof- und Nationaltheaters bringt einen herben Rückschlag für den Bau eines Max-Joseph-Denkmals, da nun die notwendigen Mittel vordringlich in den Wiederaufbau der Schaubühne gesteckt werden müssen. |
14. Januar 1823 München-Graggenau * Das erst am 12. Oktober 1818 eingeweihte Kgl. Hof- und Nationaltheater brennt bis auf die Grundmauern nieder. Während der Aufführung der komischen Oper „Die beyden Füchse“ fängt die Dekoration Feuer. Weil das Löschwasser gefroren ist, müssen die Münchner zusehen, wie eines der größten und modernsten Opernhäuser Europas ein Opfer der Flammen wird. Mit dem Wiederaufbau - nach den Plänen von Carl von Fischer - wird Leo von Klenze betraut. |
Ab Oktober 1823 München-Graggenau * Ein großer Schritt in der Planung des Max-Joseph-Denkmals geschieht auf der Italienreise des Kronprinzen Ludwig mit Leo von Klenze vom Oktober 1823 bis Anfang des Jahres 1824. In Zusammenarbeit mit dem in Rom wohnenden Bildhauer Martin von Wagner, dem Kunsteinkäufer Ludwigs, der auch die berühmte Äginetengruppe für die Glyptothek erwerben konnte, entstand ein Denkmalentwurf. Er zeigt den König im Krönungsornat auf dem Löwenthron mit der zum Friedensgruß erhobenen rechten Hand. „Als Grund für die sitzende Stellung führte ich an“, schreibt Leo von Klenze später, „daß der König als Nicht-Feldherr doch am besten in der Stellung dargestellt werden möchte, welche die Alten ihren Obergöttern und namentlich dem Zeus gaben“ und dass diese ruhige Haltung „dem Begriffe der gesetzlichen, sich ihrer Macht und Würde bewußten Herrschaft“ entspricht. Doch König Max Joseph spricht sich prinzipiell gegen eine sitzende Stellung aus, und zwar in der ihm eigenen, sehr drastischen Ausdrucksweise: Er will nicht „auf dem Cacatojo sitzend“ dargestellt werden. Daraufhin macht Leo von Klenze einen neuen Entwurf, der den König stehend mit vier liegenden Löwen zeigt und die Zustimmung Max Josephs, schließlich auch des Kronprinzen und der Denkmalkommission findet. |
23. Oktober 1823 München-Lehel * Noch bevor die Zentralklöster völlig aussterben, verhilft König Ludwig I. der bayerischen Franziskanerprovinz zum heiligen Antonius von Padua zu neuem Leben. Im Einvernehmen mit Erzbischof Anselm von Gebsattel erhalten die Franziskaner in München die Pfarr- und ehemalige Hieronymitenkloster-Kirche Sankt Anna im Lehel als neuen Sitz. Über die massiven Bedenken, ob man die Bettelmönche überhaupt wieder in München ansiedeln soll, setzt sich der klösterrestaurierende Bayernherrscher - sehr zur Freude seiner konservativ eingestellten Untertanen - einfach hinweg. Als Begründung für seine Entscheidung zugunsten der Franziskaner gibt er an: „Eingedenk, daß Mitglieder dieses Hauses Unsern erhabenen Vorfahren Kaiser Ludwig den Bayern zu einer Zeit vertheidigt haben, in welcher dieses mit größter Gefahr verbunden war.“ Kurz und bündig gibt er an das Ministerium des Innern die Weisung: „Am Allerheiligentage sollen die Franciscaner von Ingolstadt in ihrem hiesigen Kloster eintreffen, daselbst Hochamt halten.“ |
1824
1824 München-Maxvorstadt * „An der Straße nach Nymphenburg“ wird mit dem Bau der „Erzgießerei“ begonnen. |
1824 München-Graggenau * Die „Kommission zum Wiederaufbau des Hof- und Nationaltheaters“ stellt den Antrag, nach der Eröffnung des neuen Theaters das „Artillerie-Regiment“ vom „Max-Joseph-Platz“ zu verbannen.
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16. Februar 1824 München-Graggenau * Am Tag des 25. Regierungsjubiläums von König Max I. Joseph wird der Grundstein für ein freistehendes Standbild, das Max-Joseph-Denkmal, gelegt. Dabei wird nochmals gefordert, dass „das Monument vorzugsweise den Typus der Regierung unseres allergnädigsten Königs darstellen“ soll, „den die Geschichte seiner Zeit ganz zuverlässig in der väterlichen Liebe erkennen wird“. |
1825
2. Januar 1825 München-Graggenau * Das vom Brand zerstörte Kgl. Hof- und Nationaltheater wird nach dem Wiederaufbau mit einem Prolog, einem baierischen Volkslied und dem Ballett „Aschenbrödel“ eröffnet. Die einzige bedeutende Veränderung am Theaterbau ist der Giebel, mit dem Leo von Klenze das Walmdach von Carl von Fischer ersetzt hat. |
27. September 1825 München-Maxvorstadt * Leo von Klenze kann dem immer ungeduldiger werdenden Kronprinzen melden: „Noch in dieser Woche wird das erste Stück, ein Basorelief, in der Erzgießerei gegoßen werden und ich hoffe, dass dann die Arbeit nicht mehr ausgehen wird“. Bei diesem Relief handelt es sich um eine Grabplatte für die zwei Indianerkinder Juri und Mirhana, die die Naturforscher Johann Baptist von Spix und Karl Friedrich Philipp von Martius aus Brasilien mitbrachten, und die jeweils im Alter von 14 Jahren im Jahr 1822 kurz hintereinander starben. |
13. Oktober 1825 München-Graggenau * Nach dem Tod König Max I. Josephs kehrt der neue Bayernregent Ludwig I. sofort wieder zu seiner Lieblingsidee des thronenden Königs zurück. Auch in der Frage welcher Künstler das Monument ausführen soll, setze sich Ludwig durch. Der junge König hat bedeutende Künstler in seinem Blickfeld, die er zudem gerne an München binden will. |
26. Oktober 1825 München - Berlin * König Ludwig I. favorisiert den Berliner Christian Daniel Rauch, der als das Haupt der dortigen Bildhauerschule gilt. Gerade einmal 13 Tage nach dem Tod seines Vaters, Max I. Joseph, lässt er Klenze die Auftragserteilung für das Denkmal nach Berlin schicken. |
1826
1826 München-Graggenau * Auf der Nordseite des „Max-Joseph-Platzes“ entsteht der „Königsbau der Residenz“. Als städtebauliche Aufgabe verbleibt für Leo von Klenze die Südseite des Platzes, die durch die wenig repräsentative Seitenfassade des „Palais Toerring-Jettenbach“ gebildet wird. Das spielte auch lange Zeit keine Rolle, da diese Seite dem „Friedhof des Franziskanerklosters“ zugewandt war. Mit der Neugestaltung des „Toerring-Palais“ will König Ludwig I. aber nicht nur den Platz verschönern, sondern auch die der königlichen Wohnung gegenüberliegende Front ästhetisch aufwerten. Diese Investition kann aber dem Grafen weder zugemutet noch aufgezwungen werden. |
Um April 1826 München-Graggenau * Der ganze Streit um die Belästigungen durch das Militär wird durch eine Anweisung König Ludwigs I. hinfällig, der wegen des neuen „Königsbaues der Residenz“ der „Artillerie“ den „Max-Joseph-Platz“ als „Exerzierstätte“ entzieht. |
Juni 1826 München-Graggenau * Die Kostenvoranschläge für das „Max-Joseph-Denkmal“ liegen vor. Für die Herstellung der Modelle und deren Transport von Berlin nach München sind 72.121 Gulden veranschlagt worden. Für den Guss hat man 150.485 Gulden ausgerechnet. Mit dem Guss des „Denkmals für König Max I. Joseph“ wird der Goldschmied, Bildhauer und Münzschneider Johann Baptist Stiglmaier beauftragt. Er hat sich, nachdem die Tradition der bedeutenden Münchner Erzgießerei des 17. und 18. Jahrhunderts längst abgerissen war, in Neapel und Berlin zum „Bronzegießer“ ausbilden lassen. Gefördert hat ihn der „Leiter der Königlichen Münze“, Heinrich Joseph von Leprieur, der ihm auch im Jahr 1810 einen Studienplatz an der „Kgl. Akademie der Bildenden Künste“ verschafft hat. |
1827
1827 München-Graggenau * Offenbar will Graf Toerring das „Adelspalais“ an der heutigen Residenzstraße 2 bereits in den 1820er Jahren verkaufen. Denn als sich Herzog Max in Bayern nach einem geeigneten Stadtpalast umsieht, wird ihm von Klenze das gegenüber der entstehenden „Königsresidenz“ gelegene „Palais“ schmackhaft gemacht. Doch die Pläne des Herzogs zerschlagen sich. |
31. Oktober 1827 Schwabing * Der Provinzial-Vikar der wiedererstandenen Franziskanerprovinz, Pater Johann Nepomuk Glöttner, trifft mit einigen Patres, Klerikern und Laienbrüdern von Ingolstadt kommend in Schwabing ein. |
1. November 1827 München-Lehel * Mit der religiösen Restauration unter König Ludwig I. werden insgesamt 132 klösterliche Konvente in Bayern ins Leben gerufen. Jetzt kehren auch die Franziskaner nach München zurück. Gegen den Willen vieler Zeitgenossen und in völliger Verklärung der seinerzeitigen Ereignisse genehmigt König Ludwig I., „[...] eingedenk, dass Mitglieder dieses Ordens Unseren erhabenen Vorfahren Kaiser Ludwig den Bayer zu einer Zeit vertheidigt haben, in welcher dies mit größter Gefahr verbunden war“, die Niederlassung dieses Ordens im Lehel. Am Allerheiligentag fahren die Franziskanermönche in sechs Wagen von Schwabing zur Sankt-Anna-Kirche im Lehel. „An der Brücke vor dem Kloster, wo bereits eine große Menschenmenge versammelt war, wurden sie vom Bürgermeister [...] und anderen Herren empfangen und unter Voraustretung der Laienbrüder [...] bis zur Türe der Pfarr- und nunmehr auch Klosterkirche geführt. Hier erwartete sie Stadtpfarrer Schuster und begleitete sie an den Choraltar. [...] Die ganze, sehr religiöse Feierlichkeit, wobei die Kirche bis zum Erdrücken angefüllt war, [...] wurde mit dem Te Deum beschlossen.“ Damit ist das Anna-Kloster im Lehel das Hauptkloster der wieder neu aufblühenden bayerischen Franziskanerprovinz. Seither befindet sich auch die Oberarm-Reliquie des heiligen Antonius in der Anna-Klosterkirche. |
1828
1828 München-Maxvorstadt * Die „Erzgießerei“ in der Sandstraße, nahe dem heutigen Stiglmaierplatz, muss für den Guss der „Max I. Joseph-Statue“ noch einmal erweitert werden. |
1828 München-Maxvorstadt * Friedrich Bürklein studiert bei Friedrich von Gärtner an der „Akademie der Bildenden Künste“ in München. Er wird nach Gottfried Semper der erfolgreichste und namhafteste Schüler dieses Architekturprofessors. Da Bürklein völlig mittellos ist, muss er sich durch Stundengeben und Anfertigen von Bauzeichnungen sein Studium finanzieren. |
1830
1830 München-Maxvorstadt * Da eine neue Verordnung, den Eintritt in den „höheren Staatsdienst“ betreffend, die Absolvierung des Gymnasiums fordert, bereitet sich Friedrich Bürklein nebenher auch noch auf das Abitur vor, das er im Jahr 1830 mit Auszeichnung besteht. Auf der „Akademie“ gehört er bald zu den besten Schülern Gärtners, vertritt den Professor häufig im Unterricht und wird von ihm auch zu Bauführungen herangezogen. |
1830 München * Die bayerische „Post“ erzielt alleine aus Briefportoeinnahmen 663.956 Gulden Gewinn. Nur diese Zahlen faszinierten den König. Da König Ludwig I. die „Post“ als Anstalt zur Erzielung von Einnahmen sieht, unterstellt er die „Generaldirektion der königlichen Posten“, samt seiner sieben „Postämter“, 22 „Postverwaltungen“, 175 „Postexpeditionen“, 16 „Posthaltereien“ und neun „Briefsammlungen“ dem „Staatsministerium der Finanzen“. |
1832
1832 München * Die „Post“ wird wieder dem „Ministerium des Königlichen Hauses und des Äußeren“ unterstellt. Aus Angst vor einer „Revolution“ - in Frankreich findet im Jahr 1830 die „Julirevolution“ statt - will der Bayernherrscher die politische Kontrolle über die „Post“ ausüben. Daran scheitert auch eine „Privatisierung der Post“, für die das Haus „Thurn und Taxis“ ein entsprechend großzügiges Angebot offeriert hatte. |
1832 München * Der 21-jährige bayerische Kronprinz Max II.
Das ist der Anstoß für die 1.664 Meter lange „Maximilianstraße“. |
9. August 1832 München-Maxvorstadt * Mit dem Guss der Königsfigur auf dem Max-Joseph-Platz kann begonnen werden. Stiglmaier hat erstmals beim Guss des „Max-Joseph-Denkmals“ die Form mit der sogenannten Schwarzen Masse, einer Mischung aus angefeuchtetem Sand, Lehm und Holzkohle hergestellt und will die Figur in einem Stück gießen. Das Metall wird mehrere Tage lang in einem mit Holz gespeisten sogenannten Flammofen bis zum Schmelzen erhitzt. Zuerst wird das Kupfer geschmolzen, zuletzt das leicht verbrennende Zinn untergerührt. Nach Entfernen des Tonpfropfens aus dem Flammofen, fließt die flüssige Bronze in einem schmalen, feuerfesten Kanal in ein größeres Reservoir über der fertigen Gussform. Auf ein Kommando öffnen die Arbeiter alle mit eisernen Pfropfen verschlossenen Zuflussöffnungen, sodass das flüssige Material aus dem Reservoir in die Gussform stürzen kann. Der Guss der Königsstatue ist ein derart außergewöhnliches Ereignis, dass daran der komplette Magistrat der Haupt- und Residenzstadt München, der Finanzministe, der Direktor der Königlichen Münze und Leo von Klenze teilnehmen. An den Guss einer auch nur annähernd gleichwertigen Bronzeplastik kann sich keiner der Gäste erinnern. Er lag viele Generationen zurück. Doch der Versuch, die Figur in einem Stück zu gießen, missglückt. Fünfzehn Personen werden bei diesem Unglück verletzt und das Werk von achtzehn Monaten Arbeit vernichtet. Ferdinand Miller beziffert den Schaden auf 8 bis 10.000 Gulden. |
1833
1833 München-Maxvorstadt * Der nun in mehrere Teile aufgetrennte Guss für das Max-Joseph-Denkmal kann doch noch hergestellt werden. Das letzte Sockelrelief wird anno 1835 fertig. Vermutlich werden jetzt alle Teile im Sandgussverfahren hergestellt, da das Denkmal aus vielen, zum Teil beachtlich großen Einzelgussstücken besteht. Das Denkmal wird in der Erzgießerei komplett zusammengebaut und danach in der Gänze auf den Max-Joseph-Platz gebracht. Das ist eine enorme Leistung, denn alleine die Königsfigur wiegt 7.800 Kilogramm. |
19. Juli 1833 München * Die Beförderung der Post hat für Monarchen wie Ludwig I. einen sehr unerwünschten Effekt. Denn nun können die Bayern aus dem Ausland Zeitungen beziehen, die liberales und demokratisches Gedankengut transportieren. Das wachsende Informationsbedürfnis der Untertanen steigt und stellt die Regierung vor immer neue Probleme, da die herkömmlichen Mittel der Zensur nicht mehr greifen. Wie schwierig die Situation für die reaktionäre bayerische Verwaltung ist, zeigt die Anweisung an die Postämter, wonach schweizerische und französische Zeitungen vor der Auslieferung an die Zensurbehörde zu geben sind. |
Um August 1833 München-Graggenau * Wie gut, dass ausgerechnet jetzt die Raumprobleme des Münchner „Hauptpostamtes“ und die Umzugsabsichten der „Generalpostadministration“ bekannt werden.
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1. September 1833 München-Graggenau * Leo von Klenze legt dem König die Grundzüge seiner Planungen für den Platz vor der Oper in Form von zwei Baulinienalternativen vor.
König Ludwig I. entscheidet sich für die erste Lösung, da im anderen Falle das Denkmal für seinen Vater aus der Platzmitte geraten würde. Mit der Hauptpost soll ein markantes Beispiel für die hauptsächlich auf Stadtverschönerung ausgerichtete Baupolitik Ludwigs I. entstehen. Es ist aber zugleich ein Musterbeispiel dieser höchst fragwürdigen Baupolitik. Um seine Planungen verwirklichen zu können, braucht der König öffentliche und private Investoren, die seine gestalterischen Ideen unter Vernachlässigung von wirtschaftlichen und funktionalen Überlegungen akzeptieren. Private Bauherren lassen sich unter solchen Bedingungen kaum noch finden. Das haben nicht zuletzt die Erfahrungen in der Ludwigstraße gezeigt. Doch auch die Veranlassung öffentlicher Bauaufträge gestaltet sich zunehmend schwierig. Die staatlichen Aufwendungen für königliche Luxusbauten geraten immer stärker in die Kritik. Insbesondere im Umgang mit der Ständeversammlung, die die Ausgaben bewilligen oder, wie bei der Hauptpost, im Hinblick auf weitere Bauaufgaben zumindest akzeptieren soll, findet Ludwig eigene Wege. Im Fall des Postgebäudes ist dies eine Mischung aus Täuschungsmanövern, neoabsolutistischer Herrscherwillkür sowie einer Instrumentalisierung von teils opportunistischen, teils ahnungslosen Beteiligten. Denn letztlich werden bei den äußerst komplizierten und kaum durchschaubaren Vorgängen, bei denen man auch den Einsatz eines Strohmannes und die bewusste Verfälschung und Verschleierung wichtiger Tatsachen nicht scheut, nahezu alle mit den Plänen befassten Instanzen, von der Postadministration über das Ministerium des Königlichen Hauses, des Innen-, Außen- und Finanzministeriums und der Ständevertretung, in unterschiedlicher Form und in jeweils anderen Punkten getäuscht und ausgenutzt. |
Um den 5. September 1833 München-Graggenau * Leo von Klenze legt - unaufgefordert und ohne „Anspruch auf diesen Bau zu begründen“ - einen Vorschlag für die Fassadengestaltung der Residenzpost vor, die er zur Kaschierung der 292 Fuß [90 Meter] langen und 70 bis 80 Fuß hohen Front auf dem nur 18 bis 19 Fuß tiefen bebaubaren Grundstück für geeignet hält. Dabei verfällt er „auf den Gedanken eines offenen Portikus - eines so schönen Gedankens der alten und neuen Zeiten, wozu hier der Bauplatz und seine Lage nach Norden und sein Verhältnis wie geschaffen scheint“. Da das „Törringsche Palais in seiner ganzen Höhe bedeckt werden müßte, so schien es beßer, die Analogie einer Anlage aus dem Cinquecento als aus der Antike zu nehmen, und Florenz bietet dazu die schönsten Beispiele dar“. Beigefügt sind wieder zwei alternative Vorschläge. Sie sehen über einer in Anlehnung an Filippo Brunelleschis Findelhaus gestalteten Bogenhalle ein wahlweise in kleine Fenster oder Arkaden geöffnetes Obergeschoss vor. Das florentinische Vorbild dürfte Klenze nicht allein im Hinblick auf Dimensionen und Proportionen gewählt haben. So wie er den Königsplatz als ein hellenisch-antikes Forum gestaltete, konnte mit dem an den Palazzo Pitti erinnernden Königsbau und die Angleichung des Toerring-Palais an das „Ospedale degli Innocenti“ ein Platz entstehen, der einen Eindruck der florentinischen Renaissance vermittelt. Die Rückwand der Arkaden ist schmucklos: „Ich habe in diesen Skizzen den Grund der Arkaden ganz glatt und ungeziert gelaßen, jedoch würde sich eine paßliche, vom Königsbaue aus vorzüglich anzusehende Zierde [...] leicht finden laßen. [...] Dem möglichen Wunsch des Königs nach einer dem Königsbau ähnlichen Fassade begegnete Klenze im Voraus mit dem Hinweis auf die völlig unterschiedlichen Größenverhältnisse. König Ludwig I. akzeptiert die Idee der Bogenhalle, gibt aber zu bedenken, wie ein Gebäudeteil finanziert werden könne, der „nur Zierde“ und deshalb der Postkasse kaum aufzubürden sei. Klenze wiegelt ab: „Da dieser Bau namentlich im oberen Stock nicht blos Zierde, sondern für den Nutzen der Post eingerichtet würde, so glaube ich nicht, daß ein Grund vorliegt, ihn nicht von dieser Administration bestreiten zu laßen“. In den folgenden Monaten wird diese Frage zum zentralen Streitpunkt. König Ludwig I. verteidigt die Idee gegenüber dem Finanzminister Maximilian Emanuel Freiherr von Lerchenfeld und dem Minister des königlichen Hauses Gise. Die beiden Minister machen etatrechtliche Bedenken insbesondere im Hinblick auf die Ständeversammlung geltend, die ihrerseits bei der Entscheidungsfindung völlig übergangen worden ist. |
1834
Um März 1834 München-Graggenau * Da das alte Postgebäude in der heutigen Theatinerstraße den Ansprüchen bei Weitem nicht mehr genügt, kauft die Postverwaltung das Palais des Grafen Maximilian August von Toerring-Gutenzell auf. Das kommt König Ludwig I. und dessen Stararchitekt Leo von Klenze gerade recht. Immerhin soll der Max-Joseph-Platz zu einer städtebaulich herausragenden Freifläche werden, die durch repräsentative Randbauten und einem Denkmal ihre Wirkung erzielen soll. |
Mai 1834 München-Graggenau * Leo von Klenze legt einen bewusst knapp kalkulierten Voranschlag über 95.000 Gulden vor. Der Betrag ist aus dem Verkauf des alten Postgebäudes zu kompensieren. Der mit der Bauausführung beauftragte Joseph Daniel Ohlmüller legt einen Kostenvoranschlag über 123.992 Gulden vor, der auf Einspruch des Königs, der Veränderungen an der Fassade der Residenzgasse untersagt, auf 107.918 fl. korrigiert wird. |
Juni 1834 München-Graggenau * Monatelang ziehen sich die Auseinandersetzungen um die Umbaufinanzierung des Palais Toerring-Jettenbach hin. Die Ministerien haben wegen der Unzweckmäßigkeit und Unglaubwürdigkeit des Projekts erheblich Vorbehalte. Der teuere Vorbau bringt kaum einen Zugewinn an Raum und ist außerdem durch mangelnde Belichtung nur sehr schlecht nutzbar. Was also soll die entstehenden Kosten rechtfertigen? Schon deshalb holen die befassten Ministerien einen Gegenentwurf des Maurermeisters Höchl ein, der anstelle der Bogenhalle eine einfache Fassade vorsieht. Doch das steht den Interessen des Königs diametral entgegen. Ludwig I. geht es einzig und alleine um die Gestaltung der Fassade, die er von den Wohnräumen seines Schlosses aus zu sehen bekommt. Einen letzten Vermittlungsversuch unternehmen die Minister Maximilian Emanuel Freiherr von Lerchenfeld und Friedrich August Freiherr von Gise im Juni 1834. Wenn der König schon nicht auf den kostspieligen Arkadenvorbau verzichten will, soll er dessen Errichtung doch durch einen Zuschuss aus seinen Mitteln unterstützen, „damit, wenn in künftiger Ständeversammlung dieser Bau zur Sprache kommt und dem Ministerium zum Vorwurf gemacht wird, es habe denselben mit Vernachlässigung des Raums nur im Sinne architektonischer Schönheit geführt, alle Klagen einzelner Mitglieder der Ständeversammlung dadurch beseitigt werden können“. Der König reagiert rigoros, selbstherrlich und schroff: „Die Stände über Fassaden von Gebäuden zu hören ist der Verfassung nicht gemäß. Einmischung derselben in die Administration leide ich nicht. Dieses ist Mein letztes Wort in Betreff dieses Gegenstandes.“ Da der Generalpostadministrator Lippe nichts weiter als ein opportunistischer Erfüllungsgehilfe des Königs ist, genügt ein Machtwort und die Postdirektion bezahlt den gesamten Umbau des Palais - einschließlich der nicht nur unbrauchbaren, sondern für ihre Belange geradezu unfunktionalen Säulenhalle - aus dem eigenen Haushalt. |
11. September 1834 München-Graggenau * Nach einem ersten Verkaufsangebot über 250.000 Gulden senkt Graf Toerring-Gutenzell - auf Einspruch König Ludwigs I. - den Preis für seinen Besitz an der Stelle der späteren Residenzpost aus „patriotischer Gesinnung“ auf 185.000 Gulden, um dann einen um weitere 5.000 Gulden gedrückten Vertrag zu unterzeichnen. |
1835
Um März 1835 München-Graggenau * Vom Baubeginn bis zum Herbst 1836 haben sich die Baukosten für die Hauptpost infolge „höchst nöthiger und diensttauglicher Bauwendungen“ auf 186.229 Gulden erhöht. Ausschlaggebend sind Nachforderungen Lippes sowie Veränderungen an der Hauptfassade des Rokoko-Palais, die entgegen Ludwigs Weisung vorgenommen worden sind. |
13. Oktober 1835 München-Graggenau * Die feierliche Enthüllung des Max-Joseph-Denkmal findet statt. Es ist der zehnte Todestag des Königs. Seit dem Beschluss des Magistrats bis zur Einweihung des Monuments sind fünfzehn Jahre vergangen und selbst die Grundsteinlegung liegt schon elf Jahre zurück. Das Max-Joseph-Denkmal gilt schon der Kunstkritik des 19. Jahrhunderts als das künstlerisch herausragendste Herrscherdenkmal der Epoche. |
November 1835 München-Graggenau * Die Missachtung des königlichen Willens sowie die beträchtliche Kostenüberschreitung führen im November dazu, dass König Ludwig I. „das ernstliche Mißfallen“ gegenüber Klenze, Ohlmüller und „Postdirektor“ Lippe ausspricht. Die Einsetzung einer „Untersuchungskommission“ unterbleibt jedoch in Hinblick auf den bereits sehr weit fortgeschrittenen Bau. Doch unmittelbar danach ordnet Ludwig - unter Umgehung der Ministerien - in mündlichem Befehl an Klenze die von diesem vorgeschlagene „polychromatische Bemalung“ an. |
1836
1836 München * Friedrich Bürklein legt die Prüfung für den „höheren Staatsdienst“ ab. |
1836 München-Graggenau * Leo von Klenze hat aus städtebaulicher Sicht eine hervorragende Lösung gefunden. Durch die nach Art der altgriechischen „Polychromie“ [Vielfarbigkeit] gehaltenen Verzierungen in den Gesimsen und Gliedern hat Klenze einen Effekt erzeugt, der, „so fremdartig er sein mag (weil man buntverzierte Fassaden zu sehen noch nicht gewohnt ist), dennoch sehr harmonisch genannt werden muß“, lobt die „Allgemeine Bauzeitung“. Der englische Architekt Charles Robert Cockerell, zeigte sich gleichfalls begeistert: „[...] im Postgebäude wird eine glückliche Wirkung erreicht, denn die auf dünnen Säulen aufruhenden Archivolten, die die Loggia bilden, werden durch die rote Farbe stark hervorgehoben und ebenso durch den Dekor auf der Stirnwand, der die Säulen wunderbar und mit einem warmen und angenehmen Effekt hervortreten läßt. Die Farbe ist es, die dem Bau so viel Gewicht gibt, daß er als Pendant zur Residenz bestehen konnte“. Für die Belange der „Postadministration“ ist das Ergebnis dennoch mehr als enttäuschend. |
1837
Um 1837 München-Graggenau * Noch vor der offiziellen Eröffnung gibt es Verkaufsüberlegungen für das unzweckmäßige „Postgebäude“. Der „Bayerische Gesandte“ in Hannover meldet, dass ein dortiger „Hotelier“, der zuvor „Schiffskapitän“ war, die umstrittene Immobilie zu einem in Deutschland einzigartigen „Gasthof der ersten Größe“ umgestalten will. Die Verhandlungen scheitern aber letztlich am hohen Kaufpreis und an der Forderung, dass ohne königliche Genehmigung nichts an der Fassade geändert werden darf. |
1838
23. April 1838 München * Der Gipfel der presse- und postfeindlichen Maßnahmen wird erreicht, als König Ludwig I. die „Zensur“ ausweitet und die Zulassung einer Zeitung so ändert, dass alle Zeitungen die unangenehm aufgefallen sind, nicht mehr von der „Post“ ausgeliefert werden dürfen. Das heißt, ihnen das sogenannte „Postdebit“ zu verweigern oder nachträglich zu entziehen. Durch den Gebrauch des „Postdebits“ als „Zensurmaßnahme“ macht sich Bayern in ganz Europa zum Gespött der Presse. Die Furcht des Königs vor den Zeitungen ist freilich berechtigt. |
24. August 1838 München-Graggenau * Nach vier Jahren Bauzeit kann das Kgl. General-Postamts-Bureau in der heutigen Residenzstraße 2 endlich für die Allgemeinheit geöffnet werden. Die Gesamtkosten sind in der Zwischenzeit auf 369.000 Gulden gestiegen. Kein Wunder also, dass in der Öffentlichkeit Beschwerden laut werden. Da kann auch die damals hervorgehobene Funktion der Loggia, „welche den Abreisenden oder den Freunden der ankommenden Reisenden einen angenehmen Aufenthaltsort zum Abwarten darbietet“, die Kosten kaum rechtfertigen und die Mängel aufwiegen. |
21. November 1838 München-Graggenau * Als letzter Schritt zur Fertigstellung der Hauptpost-Fassade zum Max-Joseph-Platz werden sechs Bilder mit „Rosseführern“ angeordnet, die von Johann Georg Hiltensperger auf den roten Grund der Hallenrückwand gemalt werden. |
1839
1839 Haidhausen - München-Lehel - München-Graggenau * Der Standort des heutigen „Maximilianeums“ wird erst ins Auge gefasst, nachdem „Thronanwärter“ Max II. mit dem Gedanken einer vom „Max-Joseph-Platz“ ausgehenden und zur „Akropole“ führenden „Prachtstraße“ spielt. Damals notiert er unter „Auszuführendes in München” den Plan einer „Verbindung der Stadt mit der Isar von der Neuen Residenz aus über das Lehel”. Max‘ II. Vision wird später von Friedrich Bürklein folgendermaßen beschrieben: „Die Anlage eines großen öffentlichen Gartens mit Vergnügungsplätzen, ausgestattet mit schönen Alleen zwischen Fahr- und Fußwegen, mit Blumenbosquetts, ist ein Bedürfniß. Gleich den Champs-Elysées in den entfernten Theilen zwischen Privatgebäuden: Conditoreien, Kaffee- und Speisehäuser, Säle für Musikfeste und Cirkus. Für die Anlage eines Objektes auf der Isaranhöhe wird ein Garten um so maßgebender, als durch diese Disposition genanntes Objekt gleichsam als Akropole für die Stadt erscheint”. Der künftige König will eine - dem großstädtischen Charakter der Residenzstadt angemessene - Ausfallstraße nach Osten errichten lassen und befindet sich damit in vollkommener Übereinstimmung mit Münchens Stadtrat, der die Aufwertung dieses Stadtbereichs nach der ins Auge gefassten Eingemeindung der Vororte Haidhausen und Giesing sowie der Vorstadt Au schon seit längerer Zeit favorisiert. Außerdem spielen militärische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle, da über die Straße die Armee zum Schutz der „Residenz“ und zur Verhinderung von Zusammenrottungen aufständischer Bürger schnellstens aufmarschieren kann. |
1840
1840 Fürth * Friedrich Bürklein beginnt den Bau des Rathauses in Fürth, das nach dem Vorbild des „Palazzo Vecchio“ in Florenz ausgeführt wird. |
1840 Athen * Als Friedrich von Gärtner zum Bau der Residenz des Königs Otto nach Athen geht, begleitet ihn Friedrich Bürklein als „Bauüberwacher“. |
1840 Großbritannien * In England wird eine „Postreform“ durchgeführt, die ein einfaches und kundenfreundliches Tarifsystem beinhaltet. Es basiert auf dem Grundsatz, dass die niedrig bemessene und nur nach Gewicht gestaffelte „Portogebühr“ ohne Rücksicht auf die Entfernung erhoben wird und hofft, dass durch die preiswerte Briefbeförderung die Zahl der versandten Briefe und damit auch die Einnahmen steigen werden. Dazu werden „Briefmarken“ eingeführt. |
1840 Haidhausen * In den Überlegungen des „Kronprinzen“ Max II. nimmt die Errichtung des „Nationalbaus” eine hohe Priorität ein. Doch eine mögliche Nutzung steht noch aus. Nun werden die Pläne für ein „Athenäum” bezeichnetes Bauwerk konkretisiert. |
1842
1842 München - Prag * Friedrich Bürklein erhält einen Ruf an die „Bauschule“ in Prag, den er jedoch ablehnt. |
1843
1843 Nürnberg * Friedrich Bürklein nimmt die Stelle eines „Baukondukteurs bei der Eisenbahnbaukommission“ in Nürnberg an. |
1843 Königreich Bayern * Die bayerische „Post“ erzielt alleine aus Briefportoeinnahmen 868.220 Gulden Gewinn. |
1845
1845 München * Friedrich Bürklein wird zur „Generalverwaltung der kgl. Eisenbahnen“ nach München versetzt und studiert - im Regierungsauftrag - Eisenbahnhochbauten in Deutschland, Österreich, Belgien, Holland, Frankreich und England. Daher kommt es, dass viele bayerische Staatsbahnhöfe nach Bürkleins Plänen errichtet werden. |
1845 München - London * König Ludwig I. lässt an den königlichen Gesandten in London, Baron de Getto, einen langen Brief schreiben: Mit diesem „Stempel“ meint Ludwig I. die „Briefmarke“ mit dem Konterfei der damals zwanzigjährigen Königin Viktoria. |
1847
Um April 1847 München * Der Widerstand gegen die von König Ludwig I. eingeführte bayerische Zensurpraxis wird immer größer. |
27. Mai 1847 München * Die Bayerische Eisenbahn und die Post werden in der Generalverwaltung der Posten und der Eisenbahnen zusammengefasst. |
Um den 30. September 1847 München-Kreuzviertel * Die willkürliche Verweigerung und Entziehung des Postdebits wird nun auch auf dem außerordentlichen Landtag vom September/November 1847 diskutiert. Die beiden Kammern der Ständeversammlung fassen dabei einen Beschluss, mit dem sie die Regierung auffordern, von der „Verweigerung bzw. Entziehung der Postbeförderung für Zeitungen“ Abstand zu nehmen. |
1848
Nach dem 6. März 1848 München * Das ganze bayerische Zensursystem und damit auch die Manipulation der Post zu Zensurzwecken bricht zusammen. |
20. März 1848<p><strong><em>München</em></strong> * Nach 23-jähriger Regierungszeit dankt Ludwig I. ab und überträgt das Herrscheramt an seinen Sohn Max II..Sein Enkel Ludwig (II.) wird dadurch Kronprinz.</p> <p>Auch wenn sich Max II. nach Außen hin als Musterbild eines bürgernahen, konstitutionellen Staatsoberhauptes darstellt so plagt ihn zeitlebens die Furcht, dass ihm von seinem Volk ein ähnliches oder gar schlimmeres Schicksal bereitet werden könnte, wie seinem abgedankten Vater Ludwig I..</p> <p>Die revolutionären Begleitumstände, die König Max II. auf den Thron verhalfen und seinen Vater vom selben stießen, haben den neuernannten Bayernherrscher geradezu traumatisch geprägt. Er fühlt sich, nachdem auch das Militär auf die Verfassung vereidigt worden ist, <em>„schutzlos der Demokratie preisgegeben“</em>. Doch nachdem sich die revolutionäre Situation wieder beruhigt hat, kann König Max II. seine politischen Visionen endlich in die Tat umsetzen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Förderung einer bayerisch-monarchischen Gesinnung. Greifbare Formen nehmen das <em>„Athenäum-Projekt”</em> und der Bau des Prachtboulevards an.</p> |
Um April 1848 München * Die Anweisung zum Druck einer bayerischen Briefmarke kann Ludwig I. nicht mehr geben, da er zugunsten seines Sohnes Max II. abdanken muss. Der neue Regent handelt dann unverzüglich. Wieder einmal sind in Deutschland die Bayern vorne. Nach dem Bau der ersten Eisenbahn und der Erfindung der ersten „deutschen Kurzschrift“, des „Schreibtelegrafen“, der „Fotografie“ und der „elektrischen Uhr“ schauen insbesondere die Preußen abermals neidisch nach München. |
1849
1. November 1849 München-Graggenau * Der königliche Postbeamte am Münchner Hauptpostamt gibt die erste deutsche Briefmarke, den „Schwarzen Einser“, heraus. Erst einen Tag nach der Ausgabe der ersten Bayern-Marke werden die Münchner über die Neuerung im Intelligenzblatt informiert. „Die Marken“, so kann man lesen, „sind jedesmal von dem Absender auf der Adreßseite des Briefes etc. im oberen Eck links durch Befeuchten des auf denselben befindlichen Klebstoffes gut zu befestigen“. Geregelt werden in dem königlichen Erlass auch die Gebühren, Taxen genannt. Ein Brief innerhalb Münchens kostet einen Kreuzer [„Schwarzer Einser“]. Für Briefe, die nicht weiter als zwölf Meilen [knappe 20 Kilometer] verschickt werden, muss man drei Kreuzer berappen, sonst das Doppelte. Ein kleiner Preisvergleich: Für einen Kreuzer erhält man im Jahr 1849 ein Pfund Roggenbrot. Ein Pfund Schweinefleisch kostete zehn Mal soviel. Die Herstellung des Spezialpapiers bereitet solche Probleme, dass die ersten bayerischen Briefmarken vier Wochen später als ursprünglich vorgesehen in die Postämter kommen. Peter Hasenay, der im Hauptberuf Geldscheine zeichnet, muss nur drei Werte entwerfen: „1 Kreuzer schwarz“, „3 Kreuzer blau“ und „6 Kreuzer braunrot“; erst im darauffolgenden Jahr kommt noch eine weitere Marke hinzu: die „9 Kreuzer grün“. Zu dieser Zeit ist die erste Marke, der „Schwarze Einser“, schon wieder aus dem Handel gezogen. Der Schwärze wegen, denn sie macht die Stempel unleserlich. Die General-Verwaltung der königl. Posten und Eisenbahnen gibt eine neue, weniger schwarze Einser heraus. Von der ursprünglichen Marke werden rund 725.000 Stück verkauft. |
9. November 1849 München * In einem Schreiben an seinen Innenminister Theodor von Zwehl kündigt König Max II. an: „Es ist von großer Wichtigkeit, auch in Bayern das Nationalgefühl des Volkes zu heben und zu kräftigen.“ Mit diesem Programm will er die Monarchie in Bayern sichern. Ihm ist klar, dass fast die Hälfte seines Staatsgebiets und seiner Bevölkerung nicht das Geringste mit Bayern zu tun hatte. Die revolutionären Ereignisse haben gezeigt, dass besonders von Franken, das keinerlei geschichtlichen Bezug zu Bayern hatte, der stärkste Widerstand gegen die Monarchie ausging. Durch die Förderung von Tracht, Brauchtum und Geschichte, durch Geschichtszyklen und dynastische Feste, durch Denkmäler, Nationalhymne und den Ausgleich der Religionen sowie durch gezielte Unterstützung aller konservativen, monarchiefreundlichen Institutionen und Vereinigungen, soll die gesamtbayerische Identitätsstiftung gesteuert werden. All diese Maßnahmen schlagen sich nicht zuletzt auch in Fragen der Architektur nieder. Denn zum Ziel zur Förderung einer bayerisch-monarchischen Gesinnung zählen auch die Bemühungen des Bayernregenten um einen neuen Baustil, bei dem programmatisch gotische und bäuerliche Architekturformen, also letztlich „deutsche“ und „bayerische“ Elemente verschmolzen werden sollen. Darüber hinaus verfolgt Max II. mit einem neuen, in Bayern erfundenen Baustil außenpolitische Ziele.
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1850
1850 München * König Max II. ernennt Friedrich Bürklein zum „Professor an der Polytechnischen Schule in München“ und befördert ihn zum „Baurath“ bei den „Generaldirektionen der kgl. Verkehrsanstalten“. Den ersten Auftrag, den Bürklein vom König erhält, ist der „Stadtverschönerungsplan“. |
1. Mai 1850 München * Arnold Zenetti wird als „Bauingenieur beim Stadtbauamt“ angestellt. Seine ersten Verdienste erwirbt sich der junge Zenetti beim Bau der „Maximilianstraße“ und der „Maximiliansbrücke“. |
Um November 1850 München * Um zu einem neuen Baustil zu gelangen, veranlasst König Max II. eine öffentliche Ausschreibung für das „Athenäum“-Projekt. Die „Kgl. Akademie der Bildenden Künste“ verschickt dazu eine „Einladung zu einer Preisbewerbung die Anfertigung eines Bauplanes zu einer höheren Bildungs- und Unterrichtsanstalt betreffend“ an insgesamt einhundert Architekten in Deutschland, deren Beteiligung man gerne gesehen hätte. Zudem wird die Konkurrenz in Tageszeitungen und Fachzeitschriften angekündigt. Das Wettbewerbsprogramm und die nachgereichten „Erläuternden Bemerkungen“ stellen die Bewerber jedoch vor eine komplexe Aufgabe. So soll durch die „Verschmelzung der Elemente und Eigentümlichkeiten“ der Stilgattungen aller Epochen - unter Berücksichtigung der „altdeutschen“ gotischen Baukunst ein „bis dahin noch nicht dagewesener Baustil“ im Sinne eines „bayerischen Nationalstils“ geschaffen werden. Der Wunsch nach Verwendung des „Formenprinzips der altdeutschen, sogenannten gotischen Architektur“ lassen aber den Architekturwettbewerb letztlich scheitern. |
6. November 1850 München-Graggenau - München-Lehel * Der Vorstand der Obersten Baubehörde, Direktor Schierlinger, gibt ein Gutachten ab, worin er die Durchführung der projektierten Straße „als eine gerade Verbindung des Max-Joseph-Platzes mit Brunntal“ für möglich hält, gleichzeitig aber auch auf die zu erwartenden Terrainschwierigkeiten hinweist. Das Gebiet rund um die heutige Maximilianstraße ist ein von zehn mehr oder weniger großen Bächen durchzogenes Isar-Schwemmland, in dem zahlreiche Mühlen liegen. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ist das Verfüllen der Bäche und eine damit verbundene Stilllegung der Mühlen nicht möglich. Außerdem fällt das Gelände zur Isar hin deutlich ab, weshalb auf der ganzen Strecke ein Niveauausgleich vorgenommen werden muss. |
Um Dezember 1850 München * Der Architekt Georg Christian Friedrich Bürklein reicht - im Auftrag des Königs - einen „Stadtverschönerungsplan“ ein. Bürklein bringt auch den Gedanken des „Forums“ ein, indem er die Straße mit der vom König gewünschten Parkanlage verbindet. Die Anlage wäre allerdings wesentlich größer und parkähnlicher ausgefallen, als dies heute der Fall ist. Da sich aber ein großer Park mit der Verkehrsstraße nur schwer vereinbaren lässt und außerdem die Vororte jenseits der Isar vom Stadtbezirk eher ferngehalten worden wären, nimmt man Abstand von diesen Plänen. Was bleibt ist die Verbindung der Straße mit der Grünanlage, eben das heutige „Forum“, deren Platzmitte in den früheren Planungen mit vier Fontänen ausgestattet werden sollte. Obwohl sich die Planungen für das Straßenprojekt noch über viele Jahre hinziehen, beginnt die praktische Umsetzung schon wesentlich früher. |
1851
31. August 1851 München * Bis zum ersten Einsendetermin des Architekturwettbewerbs zu einem neuen Baustil liegen erst 17 Entwürfe vor. Man verlängert die Frist deshalb auf den 31. Dezember 1851 und versendet das Programm zusätzlich an eine Reihe inländischer und ausländischer Architekten. |
1852
1852 Berlin * Die wegen dauernder Verletzung des Briefgeheimnisses arg ramponierte „Thurn- und Taxis-Post“, die in Preußen noch das Monopol hat, kann erst jetzt nachziehen. Doch das Format und Design ihrer „Briefmarken“ sind nur ein Abklatsch des bayerischen Vorbildes. Im Gegensatz zum „Schwarzen Einser“ stehen diese preußischen „Freimarken“ noch heute nicht besonders hoch im Kurs. |
1. Juni 1852 München-Graggenau - München-Lehel * Der Architekt Georg Christian Friedrich Bürklein reicht - im Auftrag Königs Max II. - einen Stadtverschönerungsplan ein. Bürklein bringt auch den Gedanken des Forums in der heutigen Maximilanstraße ein, indem er die Straße mit der vom König gewünschten Parkanlage verbindet. Die Anlage wäre allerdings wesentlich größer und parkähnlicher ausgefallen, als dies heute der Fall ist. Da sich aber ein großer Park mit der Verkehrsstraße nur schwer vereinbaren lässt und außerdem die Vororte jenseits der Isar vom Stadtbezirk eher ferngehalten worden wären, nimmt man Abstand von diesen Plänen. Was bleibt ist die Verbindung der Straße mit der Grünanlage, eben das heutige Forum, deren Platzmitte in den früheren Planungen mit vier Fontänen ausgestattet werden sollte. Obwohl sich die Planungen für das Straßenprojekt noch über viele Jahre hinziehen, beginnt die praktische Umsetzung schon wesentlich früher. |
Um Juli 1852 München-Graggenau - München-Lehel * König Max II. gibt den Architekten Bürklein, Gottreu, Riedel, Voit und Ziebland Aufträge zur Anfertigung von „Musterfassaden für die neue Straße“. Dass sich der König statt an einen, an mehrere Architekten wendet, ist vorbildlich. Doch er macht wieder den Fehler, den Architekten bindende, alle Einzelheiten festlegende Vorschriften vorzugeben und damit jede Bewegungsfreiheit und Kreativität der Fachleute einzuengen. Damit macht er eine unabhängige Lösung des Problems unmöglich. Kein Wunder, dass die Ergebnisse ziemlich gleich sind und den Wünschen des Königs entsprechen. Bürkleins Vorschläge finden volles Lob und Anerkennung, weshalb er den Sieg davonträgt. Um das Projekt zu beschleunigen und die Verhandlungen über die Grundstückskäufe in Gang zu bringen, stellt König Max II. den notwendigen Betrag zunächst aus seiner Privatkasse zur Verfügung, sodass die ersten Verhandlungen über die Grundstückskäufe aufgenommen werden können. Die Ankäufe gehen rasch und reibungslos vor sich. Auch deshalb, weil sich der König - entgegen seiner sonst üblichen Sparsamkeit - sehr großzügig zeigt. Er will eben den Bau seines „Prachtboulevards“ möglichst schnell umgesetzt sehen. Freilich möchte der Bayernherrscher auch, dass auch die Stadt zur finanziellen Beteiligung herangezogen wird, da sie ja immerhin der Hauptnutznießer des Bauvorhabens ist. Bei der künstlerischen Ausgestaltung der „Prachtstraße“ soll die Obrigkeit der Stadtgemeinde allerdings keinerlei Mitspracherechte haben. Nur die Herstellung des Straßenkörpers will ihr der Regent überlassen. |
25. Dezember 1852 München-Graggenau - München-Lehel * Der Bayernkönig Max II. teilt dem Ersten Bürgermeister der Stadt München, Dr. Jakob von Bauer, mit, er hat vor, „die Stadt mit der Sankt-Anna-Vorstadt mittels einer schönen Straße zu verbinden und hierdurch einem vielseitig gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen. Die Vorbereitungen sind so weit gediehen, daß Ich Ihnen, Herr Bürgermeister, den Plan anbei mitteilen kann, damit Sie Mir berichten, ob sich die Überbrückung und Auffüllung der Kanäle und die Herstellung des Straßenkörpers aus städtischen Mitteln ins Werk setzen läßt, indem Ich in diesem Falle durch schenkungsweise Überlassung des auf Meine Kosten erworbenen Straßengrundes das Vorhaben zu verwirklichen gedenke.“ Bürgermeister Dr. Bauer setzt sich in der Folge vor dem Magistrat für den Bau der Straße ein, da mit ihr die kurz vor der Eingemeindung stehenden Orte des Ostends (Haidhausen, Au, Giesing) wesentlich besser erschlossen werden können. Er räumt aber auch ein, dass der auf die Stadt zukommende Aufwand in Höhe von 260.000 Gulden nur dann zu finanzieren sei, wenn der König der Erhöhung des Pflasterzolls, der Weinsteuer oder des Malzzuschlags, einer Art Biersteuer, die der Stadt bis zum Jahr 1899 zu garantieren sei, zustimmen würde. |
1853
1853 München - Rom * König Max II. nimmt Friedrich Bürklein auf seine Romreise mit. |
18. Juli 1853 München-Graggenau - München-Lehel * Nachdem das königliche Einverständnis zur Erhöhung des Pflasterzolls, der Weinsteuer und des Malzzuschlags vorliegt, beginnt die Stadt, unter Leitung des noch jungen Bauingenieurs beim Stadtbauamt, Arnold Zenetti, mit den Straßenbauarbeiten zur Maximilianstraße. Die gewünschte Auffüllung der Bäche wird abgelehnt, da dies den wirtschaftlichen Ruin für den Münchner Osten bedeuten würde. Deshalb werden später viele Kellergeschosse aus den massiv gemauerten Bacheinfassungen hergestellt. |
24. Juli 1853 München * Oberst Franz Freiherr von Hörmann zu Hörbach legt einen Sicherheitsbericht für München vor. Er trägt den Titel: „Erläuterungen zum Entwurfe der militärischen Dispositionen für die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit der Haupt- und Residenzstadt München behufs Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung.“ Es ist die Angst vor einer neuen Revolution, die König Max II. seine Armee auf einen Bürgerkrieg vorbereiten lässt. Um verbindliche Vorschläge auszuarbeiten, gründet er eine Special-Commissorium. Inhaltlich geht Oberst Hörmann von einem Bedrohungsszenario aus, wonach „der inländische Pöbel - durch auswärtiges Proletariat verstärkt - bei Tag und Nacht ohne Hindernis in die Stadt eindringen kann, theils um die größten Schätze des Staates und des Landes zu plündern, theils um die heillosen Umtriebe der machtlosen Umsturzpartei in Vollzug zu setzen“. Freiherr von Hörmann fügt noch eine interessante Einteilung der Tumulte in vier Klassen bei.
Sein konkreter Vorschlag beinhaltet die Erhöhung der Zahl der Kasernen in der Innenstadt und weitere flankierende Maßnahmen, um die Hauptverteidigungspunkte zu schützen. Dazu zählen unter anderem - neben der Residenz - das Nationaltheater, das Postgebäude, die Münze und der Alte Hof. |
1854
1854 München-Graggenau - München-Lehel * Die vorbereitenden Geländearbeiten für die Maximilianstraße sind abgeschlossen. „Bauingenieur“ Arnold Zenetti baut in der ungleichförmigen Talsohle einen festen ebenen Damm auf. Dazu muss an manchen Stellen das Gelände abgetragen, viel öfter aber aufgeschüttet werden. Sehr gut erkennt man die Höhenunterschiede am Marstallplatz, an der Wurzerstraße und am Kosttor. Außerdem müssen mehrere alte Gebäude dem Erdboden gleichgemacht werden. |
1854 München * Bis das „Preisgericht“ zur Beurteilung der eingereichten Arbeiten erstmals zusammenkommt, vergehen nochmal eineinhalb Jahre. Diese erneute Verzögerung liegt ausschließlich in der Person des Königs begründet, weil dieser sich zunächst mit jedem einzelnen Entwurf selbst beschäftigt. Doch bei den anstehenden Staatsaufgaben und sonstigen Neigungen findet er für diese Tätigkeit nur gelegentlich Zeit und Muße. Seine Einschätzung gibt er nicht preis, um dem „Schiedsspruch“ der Fachleute nicht vorzugreifen. Das ist zunächst eine weise Entscheidung, die jedoch sofort wieder relativiert wird, da ja die letzte Entscheidung doch wieder beim König liegt. Das Protokoll der Sitzung des „Preisgerichts“ ist verschollen. Es ist nur bekannt, dass der Berliner „Oberbaurat“ Wilhelm Stier den ersten Preis in Höhe von 4.000 Gulden zuerkannt bekommt und dass ein zweiter und ein dritter Preis nicht vergeben wird. Es ist aber auch klar, dass die Planungen Wilhelm Stiers - „der ungeheueren Kosten wegen“ - nicht zur Ausführung kommen werden. Die übrigen Konkurrenzentwürfe verschwinden in der Versenkung. Friedrich Bürklein wird - vollkommen unabhängig vom Konkurrenzergebnis - mit der Ausführung der Pläne für das „Maximilianeum“ und der Ausführung des umfangreichen Bauprogramms beauftragt. Über das „Preisgericht“ und die eingelaufenen Bewerbungen legt man den Mantel des Schweigens. |
1856
Ab 1856 München-Lehel * Als einziger plastischer Schmuck verbleiben auf dem „Forum“ die vier - von 1856 bis zum Jahr 1868 aufgestellten - Bronzedenkmäler vor dem „Regierungsgebäude“ und dem (alten) „Nationalmuseum“:
Die ursprünglich geplanten vier Fontänen werden zunächst auf zwei verringert und fallen dann den weiteren Planungen ganz zum Opfer. |
12. April 1856<p><strong><em>München-Graggenau - München-Lehel</em></strong> * Mit dem <em>„Generalplan über die Maximilianstraße“</em> ist die endgültige Lösung der Straßenführung gefunden.</p> |
Oktober 1856 München-Graggenau - München-Lehel * Die Maximilianstraße ist nach über dreijährigen Bauarbeiten fertiggestellt. Die Länge vom Max-Joseph-Platz bis zur Isar beträgt 1.664 Meter, breit ist die Straße dreiundzwanzig Meter. Das „Forum“ ist 82 Meter breit und 379 Meter lang. Abschließend werden die Grünflächen im „Forum“ hergestellt und mit „Rosskastanien“ bepflanzt. Entlang der Straße pflanzt man „Platanen“. Diese vertragen allerdings das Münchner Klima nicht und sterben ab, weshalb sie durch „Bergahorn“ ersetzt werden. |
1858
1858 München-Graggenau - München-Kreuzviertel * Eine von „Kriegsminister“ von Manz vorgelegte „Denkschrift“ will die Bürgerhäuser am „Max-Joseph-Platz“, zwischen der „Perusagasse ab nach Norden bis auf die Höhe des ludovicianischen Königsbaues abzureißen“, um den „Rebellen“ keinen Unterschlupf und ein „freies Schußfeld“ zu ermöglichen. Zwischen der „Prannergasse“ [heutige Kardinal-Faulhaber-Straße] und der „Theatinerstraße“ will er in den geschlossen bebauten Häuserblock eine Bresche schlagen, den gesamten Häuserblock zwischen der „Perusagasse“ und der „Schrammergasse“ demolieren und auf der dadurch freiwerdenden Fläche eine „Defensivkaserne“ errichten. Zum Glück haben sich all diese Planungen aus verschiedenen Gründen nicht realisieren lassen. |
14. Juni 1858 München-Lehel - München-Haidhausen * Die Feierlichkeiten zum 700-jährigen Bestehen Münchens beginnen mit einer Prozession und der Grundsteinlegung der neuen Maximiliansbrücke. |
3. November 1858 München-Graggenau - München-Lehel * Der neue Boulevard erhält die offizielle Bezeichnung Maximilianstraße. Es ist eine großartige Straßenachse entstanden, die in der deutschen Architektur des 19. Jahrhunderts keinen Vergleich zu scheuen braucht. Die Münchner sind allerdings weniger mit den neugotischen Fassadenvorstellungen Friedrich Bürkleins einverstanden und so hagelt es durchwegs vernichtende Kritik am neuen Baustil. Leo von Klenze schreibt unter anderem: „Der Einfluß des Hofsekretärs Hofmann für seinen Freund Bürklein [...] bewirkte nun, daß der König sich der Illusion hingab, ein gewisses architektonisches Ragout, ein Mixtum compositum, welches ihm der Baurath Bürklein servierte, für einen wirklich neuen Baustyl anerkennen zu dürfen, dasselbe den maximilianischen Styl taufte und seine Anwendung bei allen nur aufzufindenden Gelegenheiten durch eigene Verordnung befahl.” Noch erbarmungsloser fällt die Kritik des Ex-Königs aus: „Was man da gebaut hat”, sagt Ludwig I. zu Leo von Klenze, „ist das Abscheulichste, das ich kenne” und weigert sich strikt, die Konkurrenz seiner Prachtstraße zu besichtigen. Doch in der Maximilianstraße, immerhin „Münchens teuerstem Boulevard“, pulsiert das großstädtische Leben - im Gegensatz zur menschenleeren, sterilen, verkehrsreichen und autobahnählichen Ludwigstraße. Dass es zu der teilweise vernichtenden Kritik am Maximilianischen Stil kommt, liegt zu einem erheblichen Teil an dem ewig zaudernden und unsicheren Bayernkönig Max II., indem er mitten im Bau der Maximilianstraße die Konzeption abändert. So lässt er das fast fertiggestellte Taubstummeninstitut wieder abreißen, um eine einheitliche Bebauung am Forum zu erhalten. Und kurz vor seinem Tod ordnet er noch an, dass am Maximilianeum die gotisierenden Spitzbögen in Rundbögen abgeändert werden müssen, wodurch der Bau im Gegensatz zum ganzen Straßenzug einen Renaissance-Charakter erhält. Diese Stiländerung nimmt der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt in seiner Kritik auf. Er schreibt zum Maximilianeum: „[...] Ich habe nur deshalb Dankbarkeit für das Gebäude empfunden, weil es wenigstens äußerlich in die Formen der Renaissance hinüberleitet und den Geist von dem jämmerlichen Gotisch der Maximilianstraße befreit.” |
1859
1859 München-Graggenau * In der „Tuchfabrik“ des Johann Nepomuk Roeckenschutz an der Wurzerstraße bricht ein Feuer aus, „bei dem sich die Münchner Löschverhältnisse in aller Jämmerlichkeit“ zeigen. |
1864
26. März 1864<p><strong><em>München</em></strong> * Nur 16 Tage nach dem unerwarteten Tod des Bayernkönigs, konstituiert sich in München ein „<em>Central-Comité für die Errichtung eines Nationaldenkmals für Weiland Se. Majestät den König Max II.“</em>. Es erhält die Genehmigung für Spendensammlungen im ganzen Land. </p> |
1869
1869 München-Graggenau * Die Postamtsnummer „1“ wird für die „Residenzpost“ erteilt. |
1872
4. Dezember 1872 Werneck * Friedrich Bürklein stirbt - gebrochen durch den Tod seines ältesten Sohns vor Sedan - in der Heilanstalt Werneck in Unterfranken. |
1883
1883 München-Graggenau * Im dritten Stock der „Residenzpost“ wird das „Umschaltbüro“ für die „Fernsprechvermittlungsanlage“ untergebracht. Dazu wird auf dem Dach der „Hauptabspannständer“ aufgestellt. |
1884
1884 München * In der Münchner Presse erscheint die nachstehende Nachricht: „Dem die Maximilianstraße in München entlang prominierenden Publico bot sich gestern, Sonntag mittag um 12 Uhr, ein ebenso viel Entrüstung als Ärgernis erregendes Bild dar. Auf einem doppelsitzigen Veloziped bewegte sich ein Pärchen in rascher Fahrt durch die Straßen. Wir fragen nun:
Die beschriebene Dame ist die Ehefrau von Josef Stanigel, des Inhabers der „Ersten Münchner Velozipedfabrik", in der ab dem Jahr 1883 Fahrräder gekauft werden konnten. Er trägt dabei einen karierten Anzug, sie eine Pumphose und eine Jacke mit weiten Ärmeln. Für die „damische Radlerin" gibt es noch stärkere Sprüche: |
1889
1889 München-Graggenau * Das „Postamt“ in der „Residenzpost“ erhält eine lichtdurchflutete, neubarocke „Schalterhalle“ durch die Firma Heilmann & Littmann eingebaut. |
1902
1902 Leipzig * Der „Publizist“ Theodor Fritsch, der seine politischen Aktivitäten auf den Mittelstand konzentriert, gibt die Zeitschrift „Hammer, Blätter für deutschen Sinn“ heraus. Schon 1887 hatte er einen „Antisemiten-Katechismus“ verfasst, der anno 1907 neu überarbeitet unter dem Titel „Handbuch der Judenfrage“ neu erschienen war. Sein Leipziger „Hammerverlag“ verlegt nicht nur zahlreiche völkische Bücher und Zeitschriften, wie die „Antisemitische Correspondenz“, die „Deutschsozialen Blätter“ sowie den bereits erwähnten „Hammer, Blätter für deutschen Sinn“, sondern auch den „Deutschen Müller“, eine damals bekannte Wirtschaftszeitung. Schon vor dem Ersten Weltkrieg erzielen die Produkte des „Hammerverlags“ Aufmerksamkeit und hohe Auflagen. |
1912
1912 München-Graggenau * Die „Thule-Gesellschaft“ hat ihren Ursprung in den vom „Mühleningenieur“ und „Publizisten“ Theodor Fritsch gegründeten „Reichshammerbund“. Bei der Konstituierung des „Reichshammerbundes“ wird zugleich der „Germanenorden“ aus der Taufe gehoben. Nur „bis ins dritte Glied reinblütige Deutsche“ werden in den „Orden“ aufgenommen. Besonderer Wert wird auf die „Propaganda der Rassenkunde“ gelegt. Der „Orden“ will die „Prinzipien der Alldeutschen“ auf die „ganze germanische Rasse“ ausdehnen und den Zusammenschluss „aller Völker germanischen Blutes“ anbahnen. |
1917
23. März 1917<p><em><strong>München-Graggenau</strong></em> * Die orthodoxe Ohel-Jakob-Synagoge an der Herzog-Rudolf-Straße begeht sein 25. Jubiläum. </p> |
1918
7. März 1918 München * Der in der Reichsbahnhauptwerkstätte München als Werkzeugschlosser beschäftigte Anton Drexler ruft den Freien Arbeiterausschuss für einen guten Frieden ins Leben. Die Gründung erfolgte in Anlehnung an eine fast gleichnamige und gleiche Ziele verfolgende Organisation in Bremen. Aus dem Freien Arbeiterausschuss für einen guten Frieden wird später die Deutsche Arbeiterpartei - DAP hervorgehen. . Es ist eine antisemitische und antimarxistische Gruppierung, die nie mehr als vierzig Mitglieder zählt und der es um eine Versöhnung der Arbeiterschaft mit der nationalen Rechten geht. Die bürgerlichen Parteien haben in ihren Augen versagt und der Marxismus erscheint ihnen für ihre nationalistischen Ziele ungeeignet. |
17. August 1918 München-Graggenau * Am 17./18. August 1918 findet die Einweihung der Germanenloge im noblen Hotel Vier Jahreszeiten an der Maximilianstraße statt. Auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft war die Thule-Gesellschaft auf die gerade freigewordenen Sitzungszimmer des ehemaligen Marine-Offiziers-Club aufmerksam geworden. Die anvisierten Räumlichkeiten bieten Platz für 300 Personen und haben eine für die Zwecke des Geheimordens gediegene Ausstrahlung. Nachdem die Bewerbung von der Hotelleitung akzeptiert wurde, konnten die gepflegten und herrschaftlich wirkenden Sitzungssäle mit den dazugehörenden Büros mit Hakenkreuzfahnen sowie Kranz und Schwertern dekoriert werden. Das Hakenkreuz, das auch den Briefkopf des Ordens ziert, symbolisiert den „Siegeszug des Ariers“ und steht für das Motto der Loge: „Denke daran, daß du ein Deutscher bist! Halte dein Blut rein!“. Mitglieder und Gäste begrüßen sich mit „Heil und Sieg“, aus dem wenig später das berüchtigte „Sieg Heil !“ wird. |
2. Oktober 1918 München * Gast der ersten öffentlichen Veranstaltung des „Freien Arbeiterausschusses für einen guten Frieden“ ist Karl Harrer, ein Mitglied der Thule-Gesellschaft und Sportjournalist bei der national-liberal orientierten München-Augsburger Abendzeitung. |
Um 10. Oktober 1918 München * Karl Harrer wird von der Thule-Gesellschaft beauftragt, Arbeiter für die völkische Politik zu gewinnen. Zu diesem Zweck ruft er einen Arbeiter-Ring ins Leben. Noch vor dem Sturz der Monarchie in Bayern - gründen Harrer und Anton Drexler gemeinsam den Politischen Arbeiterzirkel, der sich - laut seiner erst am 24. März 1919 festgelegten Satzung - als „eine Vereinigung ausgewählter Persönlichkeiten zwecks Besprechung und Studium politischer Angelegenheiten“ versteht. Die vom Vorstand zu Mitgliedern des Zirkels ernannten Personen werden zum Stillschweigen über die Tätigkeit und die personelle Zusammensetzung der Gruppe verpflichtet, woraus alleine schon der Einfluss der exklusiven und elitären Thule-Gesellschaft erkennbar ist. Die dominierende Figur und der geistige Führer dieses Politischen Arbeiterzirkels, dem zum größten Teil Arbeitskollegen Drexlers angehören, ist demzufolge auch nicht Drexler, sondern Karl Harrer, der vor diesem zwar vorwiegend, aber nicht ausschließlich im Hotel Vier Jahreszeiten tagenden kleinen Kreis - besonders im Winter 1918/19 - auch ständig Vorträge zu verschiedenen aktuellen Themen hält. |
1919
5. Januar 1919 München-Hackenviertel * Eine Woche vor der bayerischen Landtagswahl wird im Fürstenfelder Hof, in der Fürstenfelder Straße 14, die Deutsche Arbeiterpartei - DAP durch den Werkzeugschlosser Anton Drexler und den Sportjournalisten Karl Harrer sowie 22 weiteren Anwesenden gegründet. Die Deutschen Arbeiterpartei - DAP geht aus dem Münchner Freien Arbeiterausschuss für einen guten Frieden hervor, der am 7. März 1918 ebenfalls von Drexler gegründet worden war. Als Vorsitzender der neuen Partei wird Anton Drexler gewählt. Zu den ersten Mitgliedern der DAP zählen fast ausschließlich Arbeitskollegen Drexlers aus den Münchner Eisenbahnwerken. Die ersten Parteiversammlungen finden in Hinterzimmern kleiner Bierlokale statt. Der wenig begeisternde Redner Drexler hält zumeist kaum motivierende Reden, die oft in der Geräuschkulisse des Lokals untergehen. Während der Politische Arbeiterzirkel eindeutig eine Schöpfung der Thule-Gesellschaft ist, soll die Deutsche Arbeiterpartei - aus taktischen Erwägungen - als Gründung Anton Drexlers erscheinen. Vorbereitet wird die konstituierende Parteiversammlung von einem Dreier-Ausschuss, der sich aus Harrer, Drexler und Michael Lotter zusammengesetzt. An der eigentlichen Versammlung nimmt Harrer allerdings nicht teil. Umgekehrt werden Drexler und Lotter keine Mitglieder der Thule-Gesellschaft, verkehren aber als ständige Gäste in den Logenräumen im Hotel Vier Jahreszeiten, wo sie bald auch Personen wie Dietrich Eckart und Gottfried Feder kennenlernen. In den von der Gründungsversammlung angenommenen Richtlinien der Deutschen Arbeiterpartei heißt es, dass die DAP eine aus „allen geistig und körperlich schaffenden Volksgenossen zusammengesetzte sozialistische Organisation“ ist. Die Deutsche Arbeiterpartei will
Hier zeichnete sich deutlich eine eigentlich mittelständische Orientierung dieser pseudosozialistischen und antisemitischen Organisation ab. Die anfallende Parteiarbeit der zunächst auf München beschränkten winzigen Vereinigung wird im Wesentlichen von dem mit dem Politischen Arbeiterzirkel nicht identischen Arbeitsausschuss der DAP bewältigt, der in den Anfängen auch die Führung der Gesamtpartei inne hat und dem im Sommer 1919 neben Anton Drexler und Karl Harrer weitere vier Personen angehören. Anton Drexler, der Vorsitzende der Deutschen Arbeiter Partei - DAP, bleibt es bis zum Juni 1921. |
1. April 1919<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Hermine Körner übernimmt die Leitung des Münchner Schauspielhauses. </p> |
1921
26. August 1921 Bad Griesbach im Schwarzwald * Der ehemalige Reichsminister der Finanzen, Matthias Erzberger, wird in Bad Griesbach im Schwarzwald ermordet. Die Attentäter sind Heinrich Tillessen und Heinrich Schütz, die der rechten Organisation Consul, dem Freikorps Oberland und dem Germanenorden angehören. Den Auftrag zu diesem politischen Fememord gab ihnen der Kapitänleutnant Manfred von Killinger im Monat des Anschlags. |
1933
30. Januar 1933 Berlin * Der Tag der sogenannten Machtübernahme. Adolf Hitler wird vom Reichspräsidenten Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Er leitet eine Koalitionsregierung bestehend aus NSDAP, DNVP und Stahlhelm. |
19. März 1933<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Liesl Karlstadt steht in den Kammerspielen für Therese Giehse auf der Bühne, weil diese - aufgrund ihrer jüdischen Abstammung - in die Schweiz emigrieren musste.</p> |
1944
15. April 1944<p><strong><em>München-Graggenau</em></strong> * Die Residenzpost wird - mit Ausnahme von Klenzes Bogenhalle - bei Luftangriffen schwer beschädigt und brennt aus. Nur die Fassade am Max-Joseph-Platz und die barocke Hausfront an der Residenzstraße bleiben erhalten. Das Innere, samt dem <em>„schönsten Münchner Treppenhaus des Spätrokoko“</em> wird zerstört.</p> |
1945
8. Mai 1945 Deutschland * Der Tag der bedingungslosen Kapitulation oder Tag der Befreiung vom Nazi-Terror. Der Zweite Weltkrieg ist für Deutschland verloren. |
1954
1954 München-Graggenau * Die größte „Telefonvermittlungszentrale“ Deutschlands nimmt in der „Residenzpost“ den Betrieb auf. |
1956
Bis 1956 München-Graggenau * Nachdem die Ruine der „Residenzpost“ weitgehend abgetragen ist, lässt die „Oberpostdirektion“ bis zum Jahr 1956 einen modernen Neubau errichten, in den die restaurierte „Loggia“ am Max-Joseph-Platz integriert wird. Das Portal an der Residenzstraße wird abgetragen und ins Innere der „Schalterhalle“ verlegt. Die „Schokoladenseite“ mit der „Kolonnade“ kann hingegen nach Klenzes Plänen relativ preiswert restauriert werden. |
1959
Bis 1959 München * Die bis zum Jahr 1959 verkehrende „Poststraßenbahn“ bedient auch das „Postamt 1“. |
1977
1977 München-Graggenau * Die Fresken in der Bogenhalle der „Residenzpost“ werden durch Max Lacher erneuert. Der inzwischen schadhafte „Klenze-Portikus“ wird in Zusammenarbeit mit dem „Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege“ unter Berücksichtigung von Befunduntersuchungen und unter Benutzung der farbigen Pläne Klenzes erneuert. |
1986
Um den August 1986 Rom-Vatikan * Papst Johannes Paul II. bekräftigt die Existenz des Satans. „Hexenangst“ ist aber beileibe keine rein katholische Angelegenheit. |
1992
24. April 1992 München * Die Münchner Abendzeitung meldet, dass 16 Prozent der erwachsenen Bundesbürger an die reale Existenz von Hexen glauben. Bayern steht mit der höchsten Zahl von Hexengläubigen an der Spitze. |
1993
27. Mai 1993 München-Graggenau * Ministerpräsident Max Streibl muss wegen der sogenannten „Amigo-Affäre“ zurücktreten. Den Ministerpräsidenten-Sessel übernimmt sein Parteifreund Edmund Stoiber. |
1994
1994 München-Graggenau * Die Fassade der „Residenzpost“ am Max-Joseph-Platz wird renoviert. |
1995
Um 1995 München-Graggenau * Nach der Privatisierung der „Deutschen Bundespost“ in den 1990er-Jahren wird das „Postamt 1“ Eigentum der „Deutschen Telekom AG“. Nachdem man die Telefontechnik in einer neuen und platzsparenden Variante in einem Neubau in der Seitzstraße untergebracht hat, verkauft die „Deutsche Telekom Immobilien“ das wohl wertvollste Grundstück Münchens an einen Investor. |
2001
Ab September 2001 München-Graggenau * Die „Residenzpost“ wird noch einmal umfassend renoviert. |
2005
2005 München-Graggenau * Die „Residenzpost“ schließt für immer und verlegt den Betrieb in den „Alten Hof“. |
14. Januar 2005 München * Rudolph Mooshammer wird von dem irakischen Stricher Herish A. im Streit um den Liebeslohn erdrosselt. |
Oktober 2005 München-Graggenau * Eine Bietergemeinschaft bestehend aus der „Accumulata Immobilien Development“ und der „LBBW-Immobilien“, einer Tochter der „Landesbank Baden-Württemberg“, erwirbt die ehemalige „Residenzpost“. Die beiden Firmen haben ambitionierte Pläne für das Gebäude und wollen auf dem rund 4.300 Quadratmeter großen Grundstück ein „Luxushotel der Extraklasse“ entstehen lassen, mit 160 bis 190 Zimmer, passend zur exklusiven Lage. 300 bis 390 Millionen Euro soll das Projekt kosten. Während die Verhandlungen mit möglichen Investoren geführt werden, beantragen die Eigentümer eine „alternative Nutzung“. So findet sich hier die Diskothek „8seasons“, der „Feinkosthändler Käfer“, das „Café L’Opera“ und andere mehr, darunter auch der Schuhhersteller „Ed. Meier“. |
2009
Januar 2009 München-Graggenau * Das „Café L’Opera“ muss seine Räume in der „Residenzpost“ aufgeben. Gleiches passiert dem „Feinkosthändler Käfer“ im Februar. |
Februar 2009 München-Graggenau * Weil sich für das angestrebte „Luxushotel“ in der ehemaligen „Residenzpost“ zwar namhafte Betreiber, aber immer noch keine Investoren haben finden lassen, entscheiden sich die „Accumulata Immobilien Development“ und die „LBBW Immobilien“ für einen „zweiten Weg“, auch wenn noch weitere Gespräche in Richtung „Luxushotel der Extraklasse“ geführt werden. Die Eigentümer haben in der Zwischenzeit einen „Bauantrag“ eingereicht, der Wohnungen, Büros, Geschäfte und schicke Bars vorsieht. |
2013
7. Februar 2013 Mount Hagen * In Mount Hagen in Papua Neu-Guinea wird die zwanzigjährige Leniata Kepari bei lebendigem Leib als „Hexe“ verbrannt. Die junge Frau soll einen Knaben verhext haben. Die Männer ziehen die mutmaßliche „Hexe“ aus, foltern sie mit einer erhitzten Eisenstange, fesseln sie und übergießen sie mit Benzin. Sie verbrennt bei lebendigem Leib. Polizisten und Feuerwehrleute schreiten nicht ein. |
4. Dezember 2013 München-Graggenau * Die GRÜNEN-Landtagsabgeordneten Katharina Schulze und Sepp Dürr stülpen über den im Mai aufgestellten „Gedenkstein für die Trümmerfrauen und die Aufbaugeneration" am Marstallplatz einen brauen Sack. Dieser trägt die Aufschrift: „Den richtigen ein Denkmal. Nicht den Alt-Nazis. Die Begründung: Er vermittelt „ein falsches Bild von den Aufräumarbeiten in der Stadt. Mehr als 90 Prozent der Männer und Frauen, die später zu Trümmerfrauen stilisiert wurden, waren zwangsverpflichtete Alt-Nazis, die um ihre Essensmarken bangten“. |
31. Dezember 2013 München * 526.000 Mal haben arabische Touristen in Münchner Hotels übernachtet. Das ist eine Steigerung von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vermögende Großfamilien reservieren ganze Etagen teurer Luxushotels. Die zahlungskräftigen Münchenbesucher machen nicht nur Urlaub, sondern auch Geschäfte und lassen ihr Geld in den Luxusboutiquen. Ein arabischer Tourist gibt pro Tag zwischen 500 und 1.000 Euro aus.Beliebt sind arabische Selbstzahler auch bei Fachärzten und Schönheits-Chirurgen. |
2014
12. Februar 2014 München-Graggenau * Vermutlich die Pink Panthers, die erfolgreichste Diebesbande der Welt, überfällt gegen 11 Uhr das Juweliergeschäft Chopard in der Maximilianstraße 11. Der Überfall dauert nur Sekunden. Die Räuber zertrümmern mit einer Stoff umwickelten Axt die versperrte Eingangstüre, bedrohen den Sicherheitsmann mit einem Schraubenzieher, schlagen vier Vitrinen ein und erbeuten hauptsächlich Uhren und Schmuck von noch unbekanntem Wert. Anschließend flüchten die fünf Männer zu Fuß in verschiedene Richtungen. Die Räuber haben aber nicht mit den Münchnern gerechnet, die sofort die Verfolgung aufnehmen und über ständigem Handy-Kontakt mit der Einsatzzentrale der Polizei kommunizieren. Nur knapp 20 Minuten später werden vier Jugendliche in der Nähe des Viktualienmarktes festgenommen. Dem fünften Täter gelingt scheinbar die Flucht. Die Polizei nimmt zusätzlich zwei Serben fest. Die Räuber sind noch halbe Kinder: ein 14-jähriger Ukrainer und drei 15 und 16 Jahre alte Moldawier, dazu die 27 und 32 Jahre alten Serben. Ob die Tat wirklich den Pink Panthers zugeordnet werden kann, ist unter den gegebenen Umständen fraglich. |
9. September 2014 München-Lehel * Das Staatliche Museum für Völkerkunde in der Maximilianstraße wird in Museum Fünf Kontinente umbenannt „Die Umbenennung ist das Ergebnis einer intensiven Phase der Reflexion und Neuorientierung“, sagt die Direktorin Christine Kron. Das Haus „steht für einen einzigartigen Zugang zum kulturellen Reichtum der Menschheit“ und ist „ein Ort des kulturellen Dialogs zwischen Menschen aller Kontinente“. Obwohl die Sammlung rund 160.000 Objekte, plus 135.000 Fotos und 100.000 Bücher umfasst, gehört es zu den beschaulicheren und weniger bekannten Münchner Museen. |